Schlagwort-Archive: Wissenschaftsforschung

Für eine neue Kultur der Geisteswissenschaften?

Unter dem Titel «Für eine neue Kultur der Geisteswissenschaften?» hat die Schweizerische Akademie für Geistes- und Sozialwissenschaften eine aktuelle Diskussion. Seit einigen Tagen ist dazu ein Blog online, vom 30. November bis zum 2. Dezember findet im Berner Kursaal eine Tagung statt (dort dann ohne Fragezeichen).

Die Stossrichtung der Aktion ist sehr spannend, wenngleich nicht unproblematisch. Der Einführungstext auf der Website präsentiert die Lage der Geisteswissenschaften mit folgenden Worten:
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Forschen mit und über Wikipedia. Eine Skizze

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Das Thema Wikipedia und die Wissenschaften hat, wie in den letzten Tagen sich auch in diesen Spalten beobachten liess, immer noch Hochkunjunktur. Wir haben uns deshalb entschlossen, eine Auslegeordnung möglicher Forschungsfragen zu machen, ein Framework zu dem, was noch auf unserer Agenda steht.

Dieses Framework ist das Destillat unserer eigenen bisherigen Arbeiten, aber natürlich auch sehr stark geprägt von den Ideen und Impulsen, die hier immer wieder geäussert wurden. Ein grosses Dankeschön deshalb nach Aachen, Wien, Bern und überall dorthin, von wo die Diskussionen ebenfalls bereichert wurden.

Die Skizze wird in den nächsten Wochen in den Spalten der Schweizerischen Zeitung für Geschichte im Druck erscheinen, als Preprint ist er natürlich bereits hier verfügbar.
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Ist Wikipedia für die Öffentlichkeit oder für Academia?

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Nando Stöcklin hat mit einer netten und differenzierten Replik auf die Reflexe-Sendung von Donnerstag reagiert. Darin macht er eine spannende, im Grunde genommen richtige, aber in der Praxis heikle Aussage: «Wikipedia ist ein Dienst für die Öffentlichkeit, kein Dienst primär für Akademiker. Wir sollten die Welt der Wissenschaft und die Welt der Öffentlichkeit deutlich auseinanderhalten.»
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Zur medialen Konstruktion des Sexuellen

Anfangs November wird in Zürich die Abschlusstagung des Forschungsprojektes «Liebe Marta. Ratgeberkommunikation und die mediale Konstruktion sexueller Selbstverhältnisse im ‚Blick‘ (1980-1995) und in aktuellen Internetforen» der Universitäten Zürich und Basel stattfinden.

Unter dem Titel «Beratungskommunikation und die mediale Konstruktion des Sexuellen» werden unter anderem Philipp Sarasin, Franz X. Eder, Heinz Bonfadelli, Alfred Messerli, Sabine Maasen und Stefanie Duttweiler referieren.

Salami-Wissenschaft oder die Unverschämtheit der Verlage

Zu den hervorstechenden Merkmalen des Buchdruckes gehört die Tatsache, dass ein Buch eine gewisse Persistenz aufweist, schrieb Elisabeth Eisenstein bereits 1983 in ihrem berühmten Buch «The printing revolution in early modern Europe». Einige Verlage scheinen das mit der Persistenz offenbar missverstanden zu haben oder sie gehen davon aus, dass sie ihre Leser für dumm verkaufen können.

2003 erschien beim Verlag J. B. Metzler ein von Ansgar und Vera Nünning herausgegebener Sammelband mit dem Titel «Konzepte der Kulturwissenschaften». Fünf Jahre später erscheint von den gleichen Herausgebern im gleichen Verlag ein Buch mit dem Titel «Einfühung in die Kulturwissenschaften».

Titel, Umschlag und ISBN sind verschieden und suggerieren, dass es sich um ein neues Buch handelt. Dieser Eindruck wird noch versärkt durch ein fünfseitiges Vorwort, in dem gut sichtbar Fundstellen aus den Jahren 2004 und 2008 eingestreut sind. Wer aber weiterblättert, traut seinen Augen nicht. Die Seiten 1 bis 392 sind vollkommen identisch, auch der Umbruch wurde beibehalten, lediglich die Kopfzeie ist in der Ausgabe 2008 etwas modernisiert worden. Im Impressum findet sich kein Hinweis darauf, dass es sich um eine Neuauflage handelt und auch im Vorwort steht nur im letzten Satz ein verschämter Hinweis dazu.

Besonders irreführend: Da offenbar an den Satzdaten wirklich rein gar nichts verändert wurde, danken die Herausgeber in der ersten Fussnote des einleitenden Kapitels «allen Kolleginnen und Kollegen, die die Originalbeiträge für diesen Band geschrieben haben»! Peinlich auch dies: Auf seiner Publikationsliste führt Ansgar Nünning dieses Buch dann plötzlich als «aktualisierte Neuauflage» der Ausgabe von 2005 auf. Wie bitte? Sind – gerade bei diesem Thema – fünf Seiten Vorwort ausreichend, um diesen Nachdruck als «aktualisierte Neuauflage» zu verkaufen?

Egal ob diesen Etikettenschwindel der Verlag oder die Herausgeber zu verantworten haben: Kein Wunder befindet sich der wissenschaftliche Buchmarkt in einer Krise

In der Wissenschaftsforschung kursiert übrigens seit einiger Zeit der Ausdruck «Salami-Wissenschaft». Gemeint ist der Umstand, dass Forschungsergebnisse mehrmals publiziert oder aber aufgeteilt in kleine Häppchen publiziert werden, um die eigene Publikationsliste zu strecken. Die Zeitschrift Nature hat sich einmal die Mühe gemacht, den Kosten dieser Salami-Publiziererei nachzugehen.

Buch der Woche: Perspektiven der Forschung

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Alle vier Jahre bilanziert die Deutsche Forschungsgemeinschaft ihre Arbeit in Form eines Berichtes, der jeweils auch in Buchform erscheint. Ziel ist, die Arbeit der letzten Jahre zu verbinden mit einem exemplarischen Ausblick auf die zu erwartende Wissenschaftentwicklung der nächsten Zeit. Nun liegt der 12. Band in dieser Reihe vor.

Auffallend dabei ist, dass – anders als bei ähnlichen Berichten aus der Schweiz – die Geisteswissenschaften nichts als eine randständige Last auftauchen, sondern als selbstverständlicher Teil des wissenschaftlichen Lebens dargestellt werden. So lesen wir in diesem Buch Beiträge vom Theologen Hubert Wolf („Von guten Gutachtern und schlechten Zensoren“) ebenso wie von der renommierten Historikerin Ute Frevert („Internationalisierung: Schlagwort oder Problem?“). Für weitere Informationen siehe hier.

Deutsche Forschungsgemeineschaft: Perspektiven der Forschung und ihrer Förderung. Aufgaben und Finanzierung 2007-2011, Weinheim 2008. 256 S., 49.90 €.

XMLdump mit eigenem Weblog

Still und heimlich ist er entstanden: der neue Weblog von Florian Petran, der das wunderbare Stück Software namens XMLdump geschrieben hat. XMLdump ist entwicklet worden für Menschen, Historiker vor allem, die ihre Zeit mit intelligenteren Beschäftigungen verbringen möchten, als bibliographische Angaben ohne Ende in ihre Datenbanken zu tippen. XMLdump ist in der Lage, die bibliographischen Daten aus zahlreichen Bibliothekskatalogen aus- und in die eigene Litlink-Installation einzulesen. XMLdump ist natürlich kostenlos und wird dauernd weiter entwickelt.

Wieviele Leser/inn/en hat weblog.histnet.ch?

Gerne wüssten wir, vieviele Leserinnen und Leser unser Weblog tatsächlich erreicht. Wir wissen es nicht, denn die Statistiken filtern automatisierte Zugriffe von Suchmaschinen nicht korrekt aus. Was wir aber wissen: Es werden immer mehr. An diesem Wochenende hat die Zahl der Besucher/innen erstmals die Zahl von 1000 überschritten, die Zahl der Anfragen lag bei über 3600.

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c’t testet und vergleicht Wikipedia

Die Zeitschrift c’t vergleicht in der Ausgabe 6/2007 die Enzyklopädien Bertelsmann, Brockhaus multimedial premium, Encarta und Wikipedia. Bei allen wurden die Tester bei der Suche nach Mängeln fündig, aber im allgmeinen erhalten alle untersuchten Enzyklopädien gute Bewertungen. Dabei steht Brockhaus an der Spitze und die Bertelsmann Enzykopädie am Ende. Das abschliessende Urteil zu Wikipedia lautet wie folgt:

Neben vielen hervorragenden Texten finden sich in der Wikipedia aber dennoch Artikel mangelhafter Qualität. Zum einen sind dies solche, die einfach zu stark unter Redundanz, unwichtigen Details oder fehlender Gliederung leiden. Zum anderen kommt es in Artikeln sämtlicher Wissensgebiete vor, dass die persönliche Sicht eines Autors durchscheint.

Dieser Einschätzung können wir uns anschliessen – und haben uns in der Vergangenheit in ähnlicher Weise bereits geäussert. Weiterlesen

Philipp Melanchthon in Budapest

Eigentlich wollen und können wir hier im Weblog von hist.net nicht den Anspruch haben, auch nur auf die wichigsten Digitalisierungsangebote im Netz hinzuweisen. Unsere Kollegen von Archivalia, Adresscomptoir oder auch ClioWeb machen das fundierter und mit mehr Ausdauer. Hin und wieder aber wollen wir doch etwas aufgreifen, was uns speziell aufgefallen ist oder das zu einem Themengebiet gehört, das auf hist.net speziell gepflegt wird – etwa die ungarische Geschichte.

Unser Hinweis also deshalb auf die Magyar Elektronikus Könyvtár (MEK) – die elektronische ungarische Bibliothek. Betrieben wird sie von der ungarischen Nationalbibliothek und in den letzten Monaten ist der Bestand an digitalisiertem Material extrem angewachsen. Wer sich per RSS über die Neueingänge informieren lässt, wird Woche für Woche rund ein bis zwei Dutzend neue Digitalisate im Netz vorfinden. Dabei wird ein bunter – und sehr pragmatischer – Methodenmix pratktiziert. Da gibt es von der farbig eingescannten Seite bis zum abgetippten Text alle Varianten – für die Forschung aber ist das Material in aller Regel brauchbar, weil auf korrekte Metadatierung geachtet wird. Der Anteil deutschsprachigen Materials ist zwar nicht umwerfend (aktuell: 122 Einträge) aber hin und wieder findet sich auch für den der ungarischen Sprache unkundigen Forscher etwas, zum Beispiel «Ein christliche Ermanung … an den … König Ferdinandum» von Phlilpp Melanchthon, gedruckt von Friedrich Peypus in Nürnberg im Jahre 1529. Unsere Empfehlung: ausprobieren und ungarisch lernen!

Karl Kraus online

Karl Kraus, von Paul Jandl in der NZZ als «Vorfahr aller Blogger» bezeichnet, ist seit kurzem mit 22’500 «Fackel»-Seiten online. Nach einer kostenlosen Registration kann man sich die «Fackel» auf den Bildschirm zaubern und sich online an der Kraus’schen Sprachmächtigkeit delektieren! Eine schöne Zusammenstellung von Material im Netz über Karl Kraus gibt es hier.

Geschichte digital

Wieder einmal gilt es, eine neue Publikationen zur Situation und Befindlichkeit der Geschichtswissenschaften im digitalen Zeitalter anzuzeigen:

Hering, Rainer / Sarnowsky, Jürgen / Schäfer, Christoph / Schäfer, Udo (Hrsg.): Forschung in der digitalen Welt. Sicherung, Erschließung und Aufbereitung von Wissensbeständen, Hamburg 2006 (= Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg; 20).

Das rund 200 Seiten umfassende Buch gibt es auch komplett als digitale Edition zum kostenlos herunterladen und die Texte repräsentieren einen spannenden Mix von essayistischen Beobachtungen und konkreter Quellenarbeit. Ausführlichere Leseeindrücke folgen in Bälde!