Schlagwort-Archive: Medien der Geschichte

Vorschau: «Reise nach Digitalien – und zurück»

Hier bereits eine Vorschau auf das nächste Semester, in welchem ich an der Universität Luzern einen Lektürekurs (Hauptseminar) zum medialen Wandel der Geschichte unter dem Titel «Reise nach Digitalien – und zurück» anbieten werde. Die erste Sitzung findet am 20. September statt.

Bild: Manuel Reinhard (sprain) auf Flickr unter CC

Fernseh-Archive im Internet

fernseharchive

Kollega Haber stellt die obligate Frage: Was hat der Beitrag „Das bisschen Haushalt…“ von Kollega Hodel mit … (in diesem Falle „digitalen Medien“) zu tun? Diese Frage kann (und soll) nicht unbeantwortet bleiben.

Bei der Recherche für einen Handbuch-Artikel hab ich eine Antwort auf die Frage gesucht, ob und wie alte Fernseh-Beiträge im Internet aufzufinden sind. Nun, es gibt eine einfache und eine etwas kompliziertere Antwort. Die einfache Antwort (und da wären wohl die Meisten selbst darauf gekommen) lautet: YouTube. Hier findet sich fast alles, was irgendwann einmal gesendet worden ist – Tausenden von Usern, die sich nicht um Urhebberrecht scheren, sei dank. Allerdings lassen Bild-Qualität und Zusatzinformationen (Stichwort „Metadaten“) zuweilen doch arg zu wünschen übrig. Die kompliziertere Antwort (auch das haben sich wohl die Meisten schon gedacht): Das Archiv-Angebot der TV-Stationen lässt (noch?) zu wünschen übrig.
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Medien im Geschichtsunterricht: Geschichtsblog des Monats September 2009

medien_im_geschichtsunterricht

In seinem Rückblick auf die Siegener Tagung, die sich mit dem (vermuteten oder erhofften?) Wirkungszusammenhang von „Web 2.0 und Geschichtswissenschaft“ befasste, hat Rüdiger Hohls (nach eigener Aussage einmal mehr) vermerkt, dass die historische Zunft sich bereits beim Web 1.0 sehr bedeckt gezeigt und mit vornehmer Zurückhaltung geglänzt habe. So kann wenig erstaunen, dass die Geschichtsblogosphäre ein durchaus überschaubares Feld zu nennen schon seit geraumer Zeit als eine ziemlich zutreffende Umschreibung bezeichnet werden darf. Umso erfreuter können wir vermerken, dass ein neues Blog-Projekt in die Geschichtsblogosphäre gestartet ist. Verantwortlich zeichnet Kollega Daniel Eisenmenger, der sich in seinem Blog mit den Medien im Geschichtsunterricht auseinandersetzt.
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Mit Braudel im Cyberspace

Es war mein erstes «richtiges» Geschichtsbuch und es war eine wunderbare Verwechslung. Und der Beginn einer innigen Beziehung zu einer ganz bestimmten Art der Geschichtsschreibung:

Ich wollte mich vor meinem Geschichtsstudium ein wenig in die Materie einlesen und in einem Buchprospekt entdeckte ich ein Büchlein mit dem Titel «Die Welt des Mittelalters». Ich bestellte das Buch und merkte zu spät, dass ich mich verlesen hatte: Das Bändchen hiess «Die Welt des Mittelmeeres».

Die Lektüre war eine Offenbarung. Es waren nicht nur die Themen, die so neuartig und faszinierend waren, es war vor allem der Stil dieser Aufsätze, der mich begeisterte.

Da war nichts von der trockenen Faktenhuberei meines Schulbuches, mit dem mir das Fach Geschichte im Gymnasium vermiest worden war. Nichts vom synthetischen Blick auf die Vergangenheit, mit dem mich ein unmotivierter Geschichtslehrer jahrelang gelangweilt hatte.

Fernand Braudel begann seinen Text «Mediterrane Welt» mit folgenden Worten:

In diesem Buch fahren Schiffe übers Meer; die Wellen nehmen ihren Gesang auf; Weinbauern an der genuesischen Riviera gehen die abendlichen Hügel hinab; in der Provence und in Griechenland werden die Früchte von den Ölbäumen geschlagen; Fischer legen ihre Netze in der stillen Lagune von Venedig oder auf den Kanälen von Dscherba aus; Schiffbauer zimmern Kähne, die gleichen heute wie gestern … Und noch einmal sind wir, wenn wir ihnen zuschauen, aus der Zeit.»

Jedesmal, wenn ich das Buch später wieder in die Hand nahm, war auch ich wieder «aus der Zeit». Und als ich kürzlich den Text wieder las, fragte ich mich, wie Braudel diesen Einstieg heute formulieren würde? Vielleicht so:

Auf dieser Website fahren Schiffe übers Meer; die Wellen nehmen ihren Gesang auf; Weinbauern an der genuesischen Riviera gehen die abendlichen Hügel hinab …

Und wenn er dies schriebe: Würde das Medium nicht danach verlangen, die Schiffe, die über das Meer fahren, auch abzubilden, womöglich in Form eines kleinen Videos? Und müssten wir vielleicht auch den Gesang der Wellen als Hintergrundmusik einblenden?

Genug 2.0

Mit Web 2.0 hat alles angefangen. Es folgten Geschichte 2.0, Library 2.0, Habermas 2.0, Wittgenstein 2.0. Alles wurde plötzlich 2.0

Wir verkünden nun hiermit feierlich die Lancierung von „Genug 2.0„.

Es ist wie mit allen neuen Begriffen: Sobald sie im Mainstream des öffentlichen Diskurses (ja, natürlich, Habermas 2.0) angekommen sind, werden sie schal. Inhaltsleer und beliebig. Das wollen wir nicht, denn wir finden das Web 2.0 interessant und eine Herausforderung für die Wissenschaft. Mit Web 2.0 stellen sich ganz grundlegende Fragen der Wissenschaft neu oder erneut, es geht um Kommunikation und Partizipation, um Transparenz und Authentizität. Kurzum: Es geht um Macht.

Bevor nun jemand unter dem Motto „Macht 2.0“ diese Debatte lanciert, plädieren wir dafür, das labelhafte Reden vom „2.0“ zu hinterfragen – gerade weil es so wichtig ist. Es ist nämlich nicht so, dass wie bei einem neuen Software Release von einem Tag auf den anderen alles (oder vieles) anders wird. Es ist nicht so, dass das Web 1.0 (das niemand so genannt hat) keine Elemente von Web 2.0 enthalten hätte. Und auch das Web 0.9, die Beta-Version des World Wide Web gleichsam, die hochspannende Mischung aus Mail, FTP, Gopher und Archie also, keine Elemente des „Mitmach-Web“ enthalten hätte. Und vor allem ist es gar nicht so, dass bei der Entwicklung des Web 1.0 die tragenden Elemente des Web 2.0 nicht mitgedacht worden wären. Im Gegenteil. Wer heute die Texte von Tim Berners-Lee liest, in denen er beschreibt, wie das Web entstand, dem wird schnell klar, dass Web 1.0 nichts anderes als eine transitorische Lösung war, ein Zwischengeplänkel zwischen der Gutenberg Galaxis und Cybersciene.

Aber eben: Genau diese plakativen Zuschreibungen wollen wir vermeiden. Wir wollen nicht ein neues mediengeschichtliches Phasenmodell entwickeln, das uns die Übergänge vom Buchdruck zum Web 1.0 erklärt und womöglich noch auf einer Timeline linear und stringent visualisiert.

Wir wollen die Bruchstellen suchen und über die Sprünge nachdenken. Wir wollen statt immer nur über die Geschichte der Medien nachzudenken, lieber über die Medien der Geschichte nachdenken. Und wir wollen über die Geschichte der Medien der Geschichte nachdenken.

Und dann passen die Schablonen aus der Werbesprache, die schliesslich auch Web 2.0 geboren hat, einfach nicht mehr.

Seminarankündigung: Die Medien der Geschichte

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Das Begriffspaar «Medien» und «Geschichte» hat seit einigen Jahren Konjunktur. Während sich die Medienwissenschaften immer mehr für die Geschichte der Medien interessieren, beschäftigen sich die Historiker zunehmend mit den Medien (und der Medialität) der Geschichte. Im Kontext dieses interdisziplinären Brückenschlages richtet sich das Augenmerk zunehmend auf historische und mediale Traditionslinien, aber auch auf Bruchstellen und Situationen des Umbruches.

In meinem Seminar im kommenden Frühjahressemester an der Unversität Luzern werden die Medien und die Medialität der Geschichte thematisiert, d.h. es wird um die Frage gehen, wie die Medien der Geschichte die Geschichtsbilder prägen und welche Veränderungen wir vom 19. bis zum 21. Jahrhundert beobachten können. Im Seminar werden wir einerseits theoretische Texte lesen und besprechen, andererseits werden wir anhand von Fallbeispielen arbeiten.