Schlagwort-Archive: Gedächtnis und Erinnerung

Sustainable Archives, Austin 2009

sustainablearchives

Die Society of American Archivists hält vom 11.-16. August ihr Jahrestreffen in Austin, Texas ab. Das Programm ist in vielerlei Hinsicht vielversprechend. Im Voraus finden ein- bis zweitägige Workshops zur Weiterbildung statt, wo man seine Kompetenzen punktuell erweitern kann. Diese Workshops sind entweder technisch (XML, DMS, Scanner Performance), betriebswirtschaftlich (Raising Private Monies to support Archival Programs) oder auf inhaltliche Kompenzen ausgerichtet. Unter den letzteren wird beispielsweise „Visual Literacy for Managing Photograph Collections“ angeboten.
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Derrida säurefrei

Das kommt davon, wenn man das Thema so weit spannt: «Archiv, Speicher, Gedächtnis» lautet das Thema meines Seminars im laufenden Semester. Letzten Montag begannen die Schlusspräsentationen der Arbeitsgruppen und sie begannen mit einer Netzpanne, die gleich den gesamten Zeitplan verschoben hatte.

So kam es, dass wir uns heute dem Thema Archiv sowohl aus archivistischer als auch aus kulturwissenschaftlicher Sicht gewidmet haben. Alles in allem war das eine ziemlich grandiose Mischung, denn so standen neben den säurefreien Archivschachteln Derrida und Didi-Hubermann im Raum. Eskortiert von Aleida Assmann und Wolfgang Ernst. Vielmehr passt nicht in 90 Minuten und ich war zwar sehr zufrieden mit der heutigen Sitzung, aber auch ziemlich erschöpft.

Jede/r Seminarteilnehmer/in schreibt einen Bericht zu einem der Präsentation, so dass alles, was heute im Keller an der Bernoullistrasse über die Bühne ging, nachlesbar sein wird – und ich denke, es lohnt sich, denn die Präsentationen bestanden aus einigen wirklich wunderbar dichten und doch verständlichen Referaten!

Die gesammelten Einträge zum Archiv der Archivistik gibt es hier, die Beiträge zum kulturwissenschaftlichen Begriff des Archivs – Foucault, Derrida, Didi-Hubermann, Assmann und Ernst – sind hier versammelt.

(Hinweis: die Berichte zu den Schlusspräsentationen dürften in den nächsten Tagen aufgeschaltet werden, bereits online sind die Berichte zu den Zwischenpräsentationen vor ein paar Wochen).

Was ist Digital Curation?

Als ich zum ersten Mal von der Digital Curation hörte, hat mich der Ausdruck so befremdet, dass ich mich gleich danach erkundigen musste. Heute frage ich mich, warum mir dieser Begriff nicht schon seit langem geläufig ist, schliesslich beschreibt er die Langzeitarchivierung, das Gebiet, auf dem meine Umgebung forscht.
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Denk mal

Wer hätte das gedacht: Ausgerechnet der Verfasser eines 600seitigen Kompendiums von Denkmälern in der Schweiz entlässt sein Publikum mit der Botschaft, dass eigentlich sozusagen fast jedes Denkmal vergeblich versucht das zu tun, was seine Ersteller so innig wünschen, nämlich Gedenken, Erinnerung, Gedächtnis auf Dauer herzustellen? So geschehen gestern Abend in einem Vortrag des Basler Historikers Georg Kreis vor der Historisch-Antiquarischen Gesellschaft. Ob die Entkleidung des Denkmals von seiner Funktion, die man ihm so selbstverständlich wie konventionell unterstellt, im Kreis der zumeist bejahrten Damen und Herren angekommen ist, sei dahin gestellt.
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Archiv, Speicher, Gedächtnis

Semesteranfang. Leichte Nervosität, hektische Vorbereitungen bis spät in die Nacht. Fast 90 Studierende hatten sich bis gestern für mein Seminar «Archiv, Speicher, Gedächtnis» am Institut für Medienwissenschaft der Uni Basel angemeldet, für rund fünfzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat es Platz im Seminarraum.

Ein Seminar mit neunzig Teilnehmenden? Nein, das bringt nichts und deshalb hatte ich rechtzeitig umdisponiert und beschlossen, die Veranstaltung dreigleisig zu fahren: mit Präsenzunterricht, Gruppenarbeiten und mit einem eigens eingerichteten Weblog.
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Vom Vergessen

Die technischen Möglichkeiten des Computerzeitalters verlocken heute dazu, zu vergessen, wie wichtig das Vergessen ist. Dass aber eine Gesellschaft, die nicht vergessen kann, nicht überlebensfähig ist, wussten schon die Autoren des Talmud: Im Traktat Nidda heisst es, dass das Ungeborene im Mutterleib die ganze Thora auswendig kennt. Im Augenblick der Geburt aber kommt ein Engel und gibt dem Neugeborenen einen Klaps – das Kind vergisst alles und muss die Heilige Schrift von Anfang an neu lernen:

Das Kind im Leibe seiner Mutter gleicht einer zusammengeschlagen liegenden Schreibmappe. […] Kommt es in den Weltenraum, so wird geöffnet, was geschlossen war, und geschlossen, was geöffnet war, denn sonst würde es nicht eine Stunde leben. Auf seinem Kopfe brennt ein Licht, und es schaut und sieht von einem Ende der Welt bis zum anderen Ende, wie es heisst: da er seine Leuchte strahlte über meinem Haupte, bei seinem Lichte wandle ich im Finstern. […] Es gibt keine Tage, die der Mensch so angenehm verbringt, wie diese Tage, denn es heisst: O, wäre ich wie in den Monden der Vorzeit, wie in den Tagen, die Gott mich behütete. […] Welche Tage sind es, die nur Monate und nicht Jahre haben? Es sind die Geburtsmonate. Man lehrt ihn die ganze Tora, wie es heisst: er unterwies mich und sprach zu mir: Dein Herz erfasse meine Worte, wahre meine Gebote und du lebst. […] Sobald er in den Weltenraum gekommen ist, kommt ein Engel, klapst ihn auf den Mund, und macht ihn die ganze Tora wieder vergessen, denn es heisst: an der Tür lagert die Sünde.*

*Zitiert nach: Der babylonische Talmud. Nach der ersten zensurfreien Ausgabe unter Berücksichtigung der neueren Ausgaben und handschriftlichen Materials ins Deutsche übersetzt von Lazarus Goldschmidt (12 Bände), Frankfurt am Main 1996 (zuerst: Berlin 1930-1936), Bd. 12, S. 440f.

Google und die Bayerische Staatsbibliothek?

Im Börsenblatt lesen wir: „Offenbar hat der Suchmaschinenbetreiber Google den ersten deutschen Partner für sein Bibliotheks-Projekt Book Search Library gefunden. Nähere Informationen wollen die Bayerische Staatsbibliothek und Google Deutschland bei einer Pressekonferenz morgen in München mitteilen. Bisher haben sich zwölf Bibliotheken dem Projekt angeschlossen; zuletzt kam die Princeton University dazu.“ Damit wäre zu ersten Mal eine Bibliothek aus dem deutschen Sprachraum beim umstrittenen grossen Digitalisierungsprojekt von Google mit dabei. Wir sind gespannt.