Schlagwort-Archive: digitales Gedächtnis

DOCUMERICA – die USA der 1970er in Fotos

Das Bild, von dem hier ein Ausschnitt zu sehen ist, zeigt Wissenschaftler der Ölfirma Shell am Rande des Golfs von Mexiko vor Key Largo. Sie machen sich bereit zum Tauchen, um die Korallen und die Unterwasser-Geologie vor Ort zu erforschen. Die Aufnahme von Flip Schulke ist undatiert, sie stammt wahrscheinlich aus dem Jahr 1975. Sie ist eine von ca. 15’000 Fotografien aus dem Fundus des Projekts „Documerica„, die die US National Archives in Flickr veröffentlicht haben. Die amerikanische Umweltbehörde EPA hat in den frühen 1970er Jahren das Projekt „Documerica“ durchgeführt, um den Zustand der Umwelt in den USA zu dokumentieren, und dafür eine Reihe von freien Fotographen angeheuert. Diese haben den Auftrag auch relativ „frei“ interpretiert und eindrückliche Zeitdokumente der Gesellschaft in den USA zu Beginn der 1970er Jahre erstellt. Mit der Veröffentlichung dieser Kollektion ergänzen die National Archives die umfangreiche Sammlung an Bildern, die sie in Flickr, wie viele andere Institutionen des kulturellen Gedächtnis (vgl. den Eintrag von Mills Kelly) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben. Filme stellen die National Archives auch zur Verfügung – passenderweise auf Youtube (vgl. Eintrag von Peter Haber).

«httpasts://digitalmemoryonthenet» – Berichte und Reflexionen

16.4.2011: 23.30 Uhr
Am Samstag herrscht, man muss es sagen, etwas Kehraus-Stimmung. Die Reihen haben sich gelichtet und lichten sich im Verlauf des Vormittags weiter – was durchaus als bedauerlich zu bezeichnen ist. Denn Benjamin Jörissen bringt noch einmal in einem kurzen, prägnanten Vortrag den bei dieser Tagung relevanten Zusammenhang von Bildung, Medien und Erinnerung auf den Punkt. Kern der Aussagen: Medien strukturieren die Erinnerungspraxen und der digitale Medienwandel führt dazu, dass mehr Mitglieder der Gesellschaft sich im Rahmen der Erinnerungskultur artikulieren und damit an ihr partizipieren können.
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Digitale Langzeitarchivierung – digital stewardship: state of the art 2009

archiving2009-logo

Die Community diskutiert seit langem die Probleme der digitalen Archivierung. Dieser Tage trifft sie sich in Washington D.C., um sich über die aktuellen Trends auszutauschen. Ich versuche gewisse Themen der Tagung hier im Blog aufzugreifen.
Während sich in den letzten Jahren Standards etabliert haben, werden heute nicht mehr die theoretische Modelle oder Methoden der Metadatenbeschreibung diskutiert, sondern es werden Erfahrungsberichte der praktischen Umsetzung und Geschäftsmodelle präsentiert. Es geht dieses Jahr nicht mehr darum, welches Speichersystem für die Langzeitarchivierung zu bevorzugen sei – digitale Langzeitarchivierung findet jetzt statt. Es gibt tatsächlich Institutionen und Länder, die dieses Problem bereits in den Griff bekommen haben.
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Transparenz und Gedächtnis im digitalen Zeitalter

Zwei kleine Anekdoten, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun – und doch: es gibt einen Zusammenhang.

Wie Jan Hodel berichtet hatte, wurde unser Weblog vor einigen Wochen gehackt und Jan Hodel hat das ganze System neu aufgesetzt und alle Daten neu einlesen müssen. Dabei ist eine Panne passiert, es wurde nämlich ein Textfragment, das ich im April geschrieben habe und vergessen habe zu löschen, für wenige Stunden freigeschaltet. In dieser Zeit wurde unser Weblog von Bloglines indiziert und der Text war sozusagen in die digitale Freibahn entlassen. Herr Graf von Arichvalia störte sich, nicht ganz zu unrecht, an dem Text (es ging um Wikipedia und ich schrieb sehr pointiert, dass Wikipedia nicht zitierfähig sei). Da es sich um ein Fragment handelt, ist meine Argumentation weder schlüssig noch logisch nachvollziehbar. Ausserdem entspricht das, was man jetzt nachlesen kann, auch nicht meiner Meinung. Ich bat Herrn Graf, den Text wieder zu löschen, was er nicht wollte, freundlicherweise hat er seine Angriffe gegen mich wenigstens in eine moderate Form gebracht. Er hoffe, schreibt er, „dass Sie dann mit Ihrer Quengelei aufhören.“

Um das gehts gar nicht. Was mich an dieser Anekdote interessiert, ist der Umstand, dass das digitale Gedächtnis anders funktioniert, als das analoge. Wäre mir in einem Text für ein gedrucktes Werk ein Fehler passiert, so hätte man die Auflage eingestampft oder ein Corrigendum eingeheftet. Kein ernstzunehmender Kollege wäre dann auf die Idee gekommen, mich mit der „falschen“ Version zu zitieren. Wäre die falsche Auflage vernichtet worden, hätte auch kaum jemand etwas von der Panne mitgekriegt. Ganz offensichtlich funktioniert dies im digitalen Zeitalter anders und das finde ich spannend und – ich gebe es zu – dies war mir bisher auch zu wenig bewusst.

Und noch ein Satz zur Sache: Das nun auf Archivalia sezierte Textstückchen werde ich bei gegebenem Anlass in einer revidierten, das heisst vollständigen und differenzierten Version veröffentlichen. Und freu mich auf die Diskussion (auch wenn dann, Herr Graf, unsere Positionen vermutlich so divergent gar nicht sein werden …).

Die zweite Anekdote ist vielleicht tendenziell unterkomplex, aber soll hier trotzdem kurz Erwähnung finden. In der Liste der Backlinks auf unser Weblog fand ich heute einen Link von MediaStar. Dort rapportierte die Bloggerin die Benotung ihrer Seminararbeit. Ich war etwas erstaunt darüber, dass die bei mir eingereichte Seminararbeit offenbar von diversen anderen Leuten auch noch benotet wurde und fragte mich, ob ich – da ich laut diesem Eintrag die beste Note vergeben hatte – zu mild war oder das Niveau in Basel tiefer als anderswo ist. Und: Was genau ist die Relevanz solcher Informationen (okay, die Frage sollte man nicht stellen im Zeitalter von Web 2.0) und: Was könnte wohl die Intention der Autorin gewesen sein … (diese Frage indes sollte man sich sehr wohl stellen, gerade im Sinn einer zeitgemässen Quellenkritik!)?