Schlagwort-Archive: Digital Secondos

Wie studiert die NetGeneration? Teilnehmende Beobachtung in der Unibib-Cafeteria

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Die Cafeteria der Universitäts-Bibliothek ist ein interessanter Ort um Feldstudien zur aktuellen Studierenden-Generation (=Digital Natives!!) durchzuführen. Hier wird nicht nur Pause gemacht, getratscht und das leibliche Wohl durch Essen und Trinken befördert. Hier wird vor allem gearbeitet. Fast alle Tische sind belegt mit Arbeitsmaterialien, über die sich Studierenden zumeist in Gruppen zu Zweit, zu Dritt oder zu Viert beugen und murmelnd Erkenntnisse, Fragen und/oder Antworten austauschen.

Womit arbeiten die Studierenden? Ich werfe einen diskreten Blick in die Runde. Weiterlesen

Das «Digital Native»-Missverständnis, again

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Vor ein paar Tagen bin ich über eine Meldung gestolpert, wonach eine australische Dozentin (namens Jacqui Ewart) in einer medienwissenschaftlichen Veranstaltung die Studierenden zum Twittern über ihre Lernfortschritte verpflichtete und erstaunt feststellte, dass rund ein Drittel der Studierenden darüber gar nicht entzückt waren. Viele von ihnen hielten das für Zeitverschwendung. Passend dazu verlinkte der Beitrag bei Spiegel online auf Nachricht zu einer Studie eines 15-jährigen, der feststellte, dass seine Freunde Twitter gar nicht nutzen. Was ist los mit den Digital Natives? Oder ist es eher ein Problem des Begriffs „Digital Native“?
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Gern aufgewärmt: die faulen (jungen) Bildschirmleser/innen

Sie kehren in regelmässigen Abständen wieder: die aufrüttelnden Artikel, die den Werte- und Intelligenzverfall beklagen, die das Internet verschuldet, und ebenso die Repliken, die diese kulturpessimistischen Attacken belächeln. Jüngstes Beispiel: Die Süddeutsche berichtet jüngst in leicht süffisanter Manier von einem Artikel in der Zeitschrift „The Chronicle of Higher Education„, betitelt Online Literacy Is a Lesser Kind, verfasst von Mark Bauerlein, Autor des Buchs (oder Pamphlets) „The Dumbest Generation“ ((Bauerlein, Mark: The Dumbest Generation. How the Digital Age Stupefies Young Americans and Jeopardizes Our Future (Or, Don’t Trust Anyone Under 30), New York: Penguin Press 2008.)) und Professor an der Emory University in Atlanta. Bauerlein fegt wortgewaltig über die faulen Studierenden her, die nur noch oberflächlich über die Internet-Seiten scannen und keine Inhalte mehr richtig verinnerlichen. Weiterlesen

Digital Secondos – Reloaded

Ich habe ja in den letzten Wochen bereits einige Male über verschiedene Studien berichtet, die den „Mythos“ der NetGeneration (oder Digital Natives oder Google Generation) kritisch hinterfagten und konstatierten, dass die Jugendlichen keineswegs dergestalt von den digitalen Medien sozialisiert werden, dass sie durchs Band neue Verhaltensformen beim Lernen und Forschen entwickelten. Die Digital Natives (so meine These) seien vermutlich eben nicht „Einheimische“, die in die digitale Kultur durch die Eltern eingeführt und sozialisiert werden, sondern wenn schon „Digital Secondos“, also Kinder von „Eingewanderten“, die sich selber auf sehr unterschiedliche Weise in der neuen (digitalen) Kultur zu behaupten wissen: Einige der Digital Immigrants neigen zur Überanpassung („Wow, der neuste Web-2.0 Trend – gleich ausprobieren und als Must-Have in meinem Blog anpreisen“); andere wiederum halten an der altvertrauten Ursprungskultur fest („Es gilt das gedruckte Wort“).
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Net Generation und was sie mit Geschichtswissenschaften zu tun hat

Virtual Student

Die Nicht-Frage von Kollega Haber zum Eintrag „Digital Secondos – No Net Generation„, was das mit Geschichtswissenschaften zu tun habe, mündete in die konkrete Frage, ob Rolf Schulmeister in seiner Publikation „Gibt es eine Net Generation?“ zu den Auswirkungen auf die Hochschullehre Aussagen gemacht habe. Ja, hat er, bzw. haben einzelne Studien und Arbeiten, die er rezipiert ((nur zwei Nennungen: 1. Palloff, Rena M./Pratt, Keith: Virtual Student. A Pro?le an Guide to Working with Online Learners. Jossey-Bass. San Francisco 2003. – 2. Kennedy, Gregor E./Judd, Terry S./Churchward, Anna/Gray, Kathleen/Krause, Kerri-Lee: First year students‘ experiences with technology: Are they really digital natives? In: Australian Journal of Educational Technology 2008, 24(1), S. 108-122.)). Dazu noch einige kurze Bemerkungen.

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Digital Secondos – oder: No Net Generation?

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Rolf Schulmeister wendet sich in einer kürzlich veröffentlichten Arbeit (Gibt es eine „Net Generation“?) gegen die Rede von einer Net Generation, die ein ganz eigenes Medienverhalten aufweise und daher auch besondere Bedürfnisse in die Bildungsinstitutionen mitbringe. ((Via beats blog, der auch zahlreiche Blog-Hinweise auf Schulmeisters Aufsatz auflistet)) Die Jugendlichen, so Schulmeister, seien keine einheitliche Generation, sondern sehr unterschiedlich in ihrem Medienverhalten, dass sich grundsätzliche nicht von jenem der Jugendlichen der vordigitalen Zeit unterscheide. Die Jugendlichen suchen soziale Kontakte zu Gleichaltrigen oder Unterhaltung.

So weit, so gut. Dennoch ist wohl unbestritten, dass die Jugendlichen heute unter anderen Medienverhältnissen aufwachsen als noch vor 15 Jahren – und ihr Verhältnis zu den digitalen Medien ein anderes sein dürfte. „The Internet just is“ ((Aus „Media Awareness Network: Young Canadians In A Wired World – Phase II Focus Groups 2004, S. 8; Verfügbar unter http://www.media-awareness.ca/english/special_initiatives/surveys/phase_two/ upload/yccww_phase_two_report.pdf)): Das Internet mitsamt Google und Wikipedia ist zu einem Teil des Alltags geworden. Dass diese „Digital Natives“ nicht alle einfach eine souveräne Kompetenz im Umgang mit den digitalen Medien an den Tag legen („Digital Naives“ nennt sie Beat Döbeli), widerlegt diese Tatsache noch nicht. Schliesslich sind die Jugendlichen auch in anderen Bereichen ihrer alltäglichen Umwelt unterschiedlich kompetent.

Möglicherweise bedarf das Konzept der „Digital Natives“ einer Anpassung. Statt davon auszugehen, dass der selbstverständliche Umgang mit digitalen Medien von kleinauf automatisch zu kompetenten Benutzer/innen führt, wäre (in der gegenwärtigen Situation zumal) eher von „Digital Secondos“ zu sprechen: Sie wachsen in einer Umgebung auf, die sie nicht „gewählt“ haben, in der sie (aller Alltäglichkeit zum Trotz) letztlich unerfahren sind. Denn niemand führt sie in diese „digitale Kultur“ ein, es gibt keine etablierten spezifischen Initiationsrituale von erfahrenen Kulturträgern. Die Erwachsenen sind ja selber noch damit beschäftigt, diese digitale Kultur zu meistern. Die „weisen Alten“ sind die einige Jahre älteren Peers, die Brüder und Schwester, die Kolleg/innen, zum Teil die digitalen Medien selbst, die berichten, wie und wo man was mit den digitalen Medien anfangen kann. In diesem Umfeld digitaler Medien kommen die einen besser zurecht als die anderen. Das liegt möglicherweise zum einen am individuellen Interesse an den digitalen Medien, wohl aber auch an Zufälligkeiten, wie sich die Rahmenbedingungen der Sozialisation konkret ausgestalten: was die Lehrpersonen, die Schule, die Eltern oder eben die Peers zum Einfinden in die digitale Kultur beitragen können und wollen.

Letztlich geht es um die grundsätzliche Frage, welche Bedeutung man den Medien und dem digitalen Medienwandel in unserer Gesellschaft beimessen will. Ist es nur eine leichte Variation des Status quo in der Gesellschaft, die durch ganz andere Kräfte gestaltet wird? Oder handelt es sich beim Umbruch von der Gutenberg-Galaxis zum Cyberspace um einen radikalen Schnitt, der die Gesellschaft auf völlig neue Grundlagen stellt? In diesem Spannungsfeld (wenngleich aus anderer Warte) sind auch die Habermas’schen Einschätzung zu Web 2.0 zu sehen. Weiterlesen