Good Boys And Bad Guys

Stern: Wikipedia

Es ist schon interessant, wie sich das diskursive Feld formiert: Hier die üblen Burschen von Google („Datenkrake“), die unser aller Daten möglichst umfassend sammeln und dann gewinnbringend verscherbeln – ja überhaupt den Datenfluss im Internet kontrollieren wollen. ((Vgl. den letzten Hinweis in diesem Blog von Peter Haber, aber auch schon frühere Beiträge zu diesem Thema von mir. Sehr passend auch der Blog-Eintrag „Wissen, was Google von mir weiss“ von Beat Döbeli)) Und dort die wackeren, unbeugsamen Helden des freien, anarchischen, demokratischen Wissens (jaja, die Assoziation mit Asterix drängt sich auf) bei Wikipedia. Nun hat der Stern (nach Nature und ct) ((Vgl. Weblog-Einträge zu Nature-Studie und zu ct-Test)) auch noch einen Test nachgeschoben (und macht damit gleich auf der Titelseite auf). Wikipedia wird darin mit dem Brockhaus verglichen (der Online-Ausgabe allerdings). Thomas Osterkorn fasst das Ergebnis im Editorial wie folgt zusammen:

Das Ergebnis des Tests hat uns alle überrascht: Wikipedia lässt in vielen Fällen selbst den ehrwürdigen Brockhaus alt aussehen.

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Mechanismen medialer Aufmerksamkeit

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Nach diversen Medienberichten im April und dann im Herbst über den Kurs «Schreiben für Wikipedia» hat sich kürzlich auch die Redaktion von intern, der Mitarbeiter/innenzeitung der Uni Basel für die Veranstaltung interessiert – was mich sehr gefreut hat. Den kurzen Bericht gibt es hier, ein längere Version folgt demnächst.

Das Buch der Woche: Geschichte im Gedächtnis

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Unser heutiges «Buch der Woche» ist das neueste Buch von Aleida Assmann, die, obwohl Anglistin und Literaturwissenschaftlerin, eine der wichtigsten Stichwortgeber/innen der modernen Historiographie geworden ist. In ihrem neuesten Buch, entstanden aus einer Vorlesungsreihe am Kulturwissenschaftlichen Institut in Essen, beschäftigt sich Assmann erneut mit dem zentralen Thema ihres Schaffens: dem Gedächtnis. Dabei legt sie diesmal den Fokus auf die Rolle und Funktion von Generationen und exemplifiziert das Thema an einigen exemplarischen Generationen der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Besonders gefallen hat mir der zweite Teil des Buches, in dem Aleida Assmann drei Grundformen historischer Präsentationen unterscheidet: Erzählen, Ausstellen und Inszenieren.

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Der etwas andere Bibliothekskatalog

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Mit rund 400’000 Buchtiteln, deren Inhaltsverzeichnisse im Volltext durchsuchbar sind, stellt Dandelon – nach eigenen Aussagen – wohl einer der grössten derartigen Kollektionen in Europa dar. Monatlich kommen etwa 20’000 neue Titel hinzu. Hinter dem Katalog stehen Einträge aus «National-, Landes-, Universitäts- und Fachhochschulbibliotheken in Bregenz, Dornbirn, Vaduz, St. Gallen, Darmstadt, Mainz, Göttingen, Braunschweig, Hamburg, Kiel und Berlin, sowie Daten aus Verlagen, die wir zusätzlich einspielen und viele fleissige Mitarbeiter, Freunde, Kollegen, Partner.» Auch wenn viele andere Kataloge bereits ähnliche Dienste anbieten, scheint mir Dandelon eine für Historiker recht nützliche Auswahl an Material zu bieten. Etwas monströs die Eigenwerbung: «Search Engine für wissenschaftliche Literatur – semantisch, crosslingual, kollaborativ, unabhängig, international».

Geschichte des PC – History Repeating?

Jan Schmidt weist in seinem (Pflicht-Lektüre!-) Weblog auf einen Artikel des Technik-Historikers Michael Friedewald (Projektleiter am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe) hin, der den Titel „Computer Power to the People“ ((Friedewald, Michael: „Computer Power to the People! Die Versprechungen der Computer-Revolution, 1968–1973“, in: kommunikation@gesellschaft 8 (2007) Nr. 9. http://www.soz.uni-frankfurt.de/K.G/B9_2007_Friedewald.pdf)) trägt. Friedewald stellt darin fest, dass schon zu Beginn des PC-(und Internet-) Zeitalters von „radikalen gesellschaftlichen Veränderungen“ und dem Aufkommen der Informationsgesellschaft die Rede war. Zur Analyse des Leitgedankens „Informationsgesellschaft“ hat Friedewald

[…] die Kon­zepte der (a) Benutzerfreundlichkeit, (b) des universellen Zugangs und (c) der Inter­aktivität als Abwandlungen der klassischen revolutionären Ideale (Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit) untersucht. Dabei erweist sich die Idee der Informationsgesellschaft als eine Fortschreibung des Fortschrittsglaubens der Moderne. (S. 1)

Während hier also die Digitalisierung der Geschichte thematisiert wird, handelt es sich hier um die Historisierung der digitalen Medien. Interessant, dass selbst hier der Bezugspunkt die Französische Revolution zu sein scheint.

Jan Schmidt fügt übrigens noch die Frage an, ob sich irgendwer mit der Geschichte der Informatik wissenschaftlich auseinandersetze, ob es Lehrstühle oder Journale gäbe. Mehr als informatikgeschichte.de, Teil der Gesellschaft für Informatik, kenne ich auch nicht, zumal die verschiedenen Vereine im Schosse der Association for History and Computing ((Geändert nach Kommentar von Clemens Radl.)) (AHC), deren internationale Website (oweh) zur Zeit gerade nicht erreichbar ist, sich eher dem Einsatz der Informatik und der Informationstechnologien in der Geschichtswissenschaften widmen (Schweiz (AHC-CH), USA (AAHC)). Lehrstühle gibt es meines Wissens im deutschsprachigen Raum keine. Ich lasse mich da aber auch gerne belehren. ((Was Peter Haber in seinem Kommentar ausführlich tut.))

Storytelling und Alpenglühn

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Nach den anregenden Tagen in Berlin nun noch ein Abstecher in die Alpen, nach Innsbruck. Unter dem Titel «Erzählen – medientheoretische Reflexionen im Zeitalter der Digitalisierung» trafen sich gestern und heute rund 60 Medienwissenschafter, Medienpädagogen und natürlich auch ein paar Historiker aus ganz Europa an der von Innsbruck Media Studies organisierten Tagung.

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Gute Zeiten, schlechte Zeiten

Wie waren wir beeindruckt, als wir als Studenten hörten, unser verehrter Lehrmeister sei mit 30 Jahren schon habilitiert gewesen und hätte wenige Jahre später auch schon einen Lehrstuhl gehabt. Nun, solche Karrieren gibt es immer noch und die Forschungsförderung setzt alles daran, die nachwachsenden Forscher so zu trimmen, dass sie am besten schon mit 25 ihre Habilitation einreichen.

Nur: Die Realität ist nicht immer so, wie es sich die Planer vorstellen. Studien aus den USA haben erschreckende Zahlen an den Tag gebracht. Im Bereich Geschichte betrug im Jahre 2005 das Durchschnittsalter, in dem Historiker ihr PhD abschlossen, 35 Jahre. Das Durchschnittsalter, in dem eine Vollprofessur angetreten werden konnte, lag bei unglaublichen 58,7 Jahren. Mehr Details und Nachweise zu den zitierten Studien finden sich im lesenswerten Weblog PhDinHistory.

Endlich entdeckt: «Die Bedrohung des Menschheit»

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Die Technische Universität Graz, so berichtet heise.de soeben, «warnt mit drastischen Worten vor der ‚Bedrohung der Menschheit‘ durch Google. Der Suchmaschinenprimus schicke sich nicht nur an, den Schutz der Privatsphäre auf dem Müllhaufen der Geschichte zu entsorgen, heißt es in dem 187-Seiten umfassenden Bericht ‚über die Gefahren und Chancen großer Suchmaschinen unter besonderer Berücksichtigung von Google‘. Das ‚monopolistische Verhalten‘ des Marktführers bedrohe vielmehr, ‚wie wir die Welt sehen und wie wir als Individuen wahrgenommen werden‘. Damit gerate sogar die gesamte Weltwirtschaft in Gefahr. Google habe in unerhörter Art und Weise Macht angehäuft, sodass ein Gegenangriff überfällig sei.»

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Transparenz und Gedächtnis im digitalen Zeitalter

Zwei kleine Anekdoten, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun – und doch: es gibt einen Zusammenhang.

Wie Jan Hodel berichtet hatte, wurde unser Weblog vor einigen Wochen gehackt und Jan Hodel hat das ganze System neu aufgesetzt und alle Daten neu einlesen müssen. Dabei ist eine Panne passiert, es wurde nämlich ein Textfragment, das ich im April geschrieben habe und vergessen habe zu löschen, für wenige Stunden freigeschaltet. In dieser Zeit wurde unser Weblog von Bloglines indiziert und der Text war sozusagen in die digitale Freibahn entlassen. Herr Graf von Arichvalia störte sich, nicht ganz zu unrecht, an dem Text (es ging um Wikipedia und ich schrieb sehr pointiert, dass Wikipedia nicht zitierfähig sei). Da es sich um ein Fragment handelt, ist meine Argumentation weder schlüssig noch logisch nachvollziehbar. Ausserdem entspricht das, was man jetzt nachlesen kann, auch nicht meiner Meinung. Ich bat Herrn Graf, den Text wieder zu löschen, was er nicht wollte, freundlicherweise hat er seine Angriffe gegen mich wenigstens in eine moderate Form gebracht. Er hoffe, schreibt er, „dass Sie dann mit Ihrer Quengelei aufhören.“

Um das gehts gar nicht. Was mich an dieser Anekdote interessiert, ist der Umstand, dass das digitale Gedächtnis anders funktioniert, als das analoge. Wäre mir in einem Text für ein gedrucktes Werk ein Fehler passiert, so hätte man die Auflage eingestampft oder ein Corrigendum eingeheftet. Kein ernstzunehmender Kollege wäre dann auf die Idee gekommen, mich mit der „falschen“ Version zu zitieren. Wäre die falsche Auflage vernichtet worden, hätte auch kaum jemand etwas von der Panne mitgekriegt. Ganz offensichtlich funktioniert dies im digitalen Zeitalter anders und das finde ich spannend und – ich gebe es zu – dies war mir bisher auch zu wenig bewusst.

Und noch ein Satz zur Sache: Das nun auf Archivalia sezierte Textstückchen werde ich bei gegebenem Anlass in einer revidierten, das heisst vollständigen und differenzierten Version veröffentlichen. Und freu mich auf die Diskussion (auch wenn dann, Herr Graf, unsere Positionen vermutlich so divergent gar nicht sein werden …).

Die zweite Anekdote ist vielleicht tendenziell unterkomplex, aber soll hier trotzdem kurz Erwähnung finden. In der Liste der Backlinks auf unser Weblog fand ich heute einen Link von MediaStar. Dort rapportierte die Bloggerin die Benotung ihrer Seminararbeit. Ich war etwas erstaunt darüber, dass die bei mir eingereichte Seminararbeit offenbar von diversen anderen Leuten auch noch benotet wurde und fragte mich, ob ich – da ich laut diesem Eintrag die beste Note vergeben hatte – zu mild war oder das Niveau in Basel tiefer als anderswo ist. Und: Was genau ist die Relevanz solcher Informationen (okay, die Frage sollte man nicht stellen im Zeitalter von Web 2.0) und: Was könnte wohl die Intention der Autorin gewesen sein … (diese Frage indes sollte man sich sehr wohl stellen, gerade im Sinn einer zeitgemässen Quellenkritik!)?

«Das Buch als Kulturphänomen»

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Und gleich noch ein Hinweis zum Thema «Buch»: Die Mediengewerktschaft Comedia veranstaltet am Samstag, den 1. Dezember, in Basel den «Tag der Typographie». Im Rahmen dieser Veranstaltung wird Dr. David Marc Hoffmann vom Schwabe Verlag – den Teilnehmern des Kurses «Das Medium Buch. Buchgeschichte(n) aus Basel» in allerbester Erinnerung als hervorragender Referent – um 10:15 Uhr einen Vortrag halten zum Thema «Das Buch als Kulturphänomen».

Medium Buch. Buchgeschichte(n) aus Basel: Das Buchzentrum

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Bücher, Bücher, nichts als Bücher. Gegen vier Millonen Bücher lagern im Buchzentrum in Hägendorf bei Olten. Vier Millonen Bücher, das ist mehr, als die Universitätsbibliothek Basel in ihren Magazinen stehen hat. Im Buchzentrum werden die Bücher aber palettenweise gelagert, denn hier befindet sich der grösste Buch-Zwischenhändler der Schweiz.

Das Buchzentrum wurde vor 125 Jahren als Selbsthilfeorganisation der Buchhändler gegründet und erfüllt heute zwei Funktionen. Einerseits ist es die Verlagsauslieferung für die Schweiz von rund 400 Verlagen. Und zugleich ist das Buchzentrum auch ein sogenannter Barsortimenter, das heisst, das Buchzentrum kauft bei den Verlagen auf eigenes Risiko Bücher ein und liefert sie mit einer ausgeklügelten Logistik an die Buchhandlungen in der Schweiz. Endkunden können beim Buchzentrum nicht bestellen, denn damit würde man die Buchhandlungen, denen das Buchzentrum immer noch zu einem grossen Teil gehört, kannibalisieren.

Die heutige Exkursion im Rahmen des Kurses «Medium Buch. Buchgeschichte(n) aus Basel» bescherte uns eine fundiert Einführung in Geschichte und aktuelle Lage des Buchmarktes sowie einen eindrucksvollen Rundgang durch das Herzstück des schweizerischen Buchmarktes. Weitere Bilder gibt es auf Flickr, mehr Hintergrundinfos zum Thema in unserem Wiki und die bisherigen Weblog-Einträge zum Kurs können hier aufgerufen werden.

Forum Buchkultur in Basel

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Während wir uns dem «Medium Buch» widmen, widmen sich andere der «Buchkultur». Das freut uns, auch wenn sich die Termine ein wenig überschneiden, so wie zum Beispiel heute leider, als Prof. Lucas Burkart über «Wissensspeicher Buch» sprach. Am 13. Dezember wird Wolfgang Hagen zum Thema «Es gibt kein digitales Buch!» sprechen. Wir sind gespannt. Das ganze Programm steht hier zum Download bereit.

Vielen Dank

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Noch ist der Monat November gar nicht zu Ende und wir haben schon einen neuen Höchststand erreicht. Mit täglich über 100 Besuchern sind wir noch nicht ganz im Bereich der A-Blogger, für ein ausgesprochens Fach-Weblog sind das aber sehr gute Werte. Vielen Dank also allen treuen Leserinnen und Lesern von weblog.histnet.ch. Und bereits jetzt können wir ankündigen, dass wir für das Jubiläumsjahr 2008 einige Neuerungen planen – Jubiläumsjahr übrigens deshalb, weil 2008 hist.net das methusalemische Online-Alter von zehn Jahren erreichen wird!

Sieben Tage Leben. Ein Weblog-Experiment

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Eine hübsche Idee hatten unsere virtuellen Freunde von den Tagwerken in Frankfurt: Ein Schreibexperiment zum Thema Weblog, um über den Prozess des Schreibens im Raum der Öffentlichkeit nachzudenken. Wir hatten ja schon die Idee, unsere eigenen Erfahrungen des wissenschaftlichen oder zumindest wissenschaftsaffinen Bloggens an einem Workshop zur Diskussion zu stellen. Vielleicht sollten wir die Erfahrungen der Tagwerkerinnen und Tagwerker abwarten und unser Projekt mit dem Frankfurter Konzept kreuzen.