Archiv der Kategorie: Weblog

Podcast Neuzeit: Geschichtsblog des Monats April 2009

neuzeit

Ein neues und neuartiges Projekt, das die Definition eines „Weblogs“ erweitert, wenn nicht sprengt, ist der vermutlich erste deutschsprachige Geschichts-Podcast namens „Neuzeit“ des Hamburger Historikers Matthias Janson. „Neuzeit“ zeigt, welche Möglichkeiten das Medium Podcast für die Geschichte eröffnen kann.

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Im Dialog mit Iris und Peter von Roten

Vor 50 Jahren veröffentlichte Iris von Roten das Buch «Frauen im Laufgitter». Im Untertitel: Offene Worte zur Lage der Frau. An Offenheit mangelte es der Anwältin, Journalistin und Autorin nicht – dem Publikum von 1958 aber sehr. «Frauen im Laufgitter» ist ein Meilenstein in der Geschichte der Frauenemanzipation in der Schweiz, das ein Jahrzehnt vor «1968» über scheinbar Privates öffentlich reden wollte und stattdessen über drei Jahrzehnte in Vergessenheit geriet.

Jetzt erinnert eine kleine, feine Ausstellung in der Universitätsbibliothek Basel an das Buch und vor allem an Iris von Roten und ihren radikalen Lebensentwurf, in den sie ihren Mann Peter von Roten förmlich mit hineinzog – in Leidenschaft und Widerspruch.
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«The making of» oder Weblogs als sekundäre Medien

Die Redaktion der Tagesschau betreibt ein offenbar recht erfolgreiches Weblog, viele andere klassische Medien machen das auch. Dort berichten Redakteure über ihren Alltag, über Recherchen, Frust und Hintergründe ihrer Arbeit. Ein klassischer «Making of»-Kanal also. Vielleicht würde der Begriff der «sekundären Medien» hier passen.

Auch unser Weblog ist letzlich nicht viel mehr, als ein «Making of»: Während Kollega Hodel mit viel Schwung und Elan an seiner Dissertation arbeitet, versuche ich mich auch gerade an einem allerdings eher theoretisch ausgerichteten Text zum Thema «Geschichtswissenschaft im digitalen Zeitalter». Beide dokumentieren wir hier im Weblog gewissermassen unsere Streifzüge durch das Netz und durch die Bibliotheken, zeigen Fundstücke, die wir am Wegesrand gefunden haben, stellen Thesen und Theorien zur Diskussion. Das Weblog ist unser sekundäres Medium zum Primärmedium Buch, wo unsere Arbeiten schliesslich (demnächst) enden werden.

Damit agieren wir im Feld der Geisteswissenschafter und Geistesarbeiter eher atypisch. Geisteswissenschafter sitzen, so will es zumindest das Klischee, in ihrem Elfenbeinturm, brüten über den Büchern und Akten, die sie in Archiven und Bibliotheken ausgegraben haben, und schreiben dann, inspiriert alleine vom Geist der alten Papiere, ihren Text, Geniussen gleich, solitär und singulär.

Die Realität ist eine andere. Wir werden permanent geflutet von Informationen, wissenschaftlichen, halbwissenschaftlichen, pseudowissenschaftlichen, unwissenschaftlichen, von Medienberichten und Konferenzen, H-Soz-u-Kult-Mails und Weblogs. Kein Gedanke, den wir zu Papier bringen (oder zuerst auf den Bildschirm) ist unserem genialen Geiste allein entsprungen. Immer ist eine Assoziationskette, angelesenes Wissen, Erfahrung dabei.

Die Blogosphäre, die wissenschaftsaffine zumal, ist dabei ein besonderer Tummelplatz. Hier kämpfen zumeist institutionell schlecht verankerte Nachwuchsforscher um Aufmerksamkeit und versuchen, vom wervollsten Kapitel der Netzreisenden, von der Zeit, etwas zu ergattern. Sie tun dies in aller Regel in der Hoffnung, dabei indirekt auf dem gesicherten Boden der Offline-Welt mehr Standfestigkeit zu erhalten.

Das «Making of» hat dabei etwas Exhibitionistisches. Es lebt vom Reiz, dass die verbreiteten Informationen meist um eine imaginäre Scham- und Anstandsgrenze von Academia oszillieren.

Heute sind wissenschaftliche oder wissenschaftsaffine Weblogs eine Randerscheinung, eine quantité negligeable in jeder Hinsicht. Das könnte sich indes bald ändern und einiges spricht dafür, dass in wenigen Jahren, wenn die zweite Internet-Generation die Hörsäle füllt, die kulturellen Praxen im Umgang mit Öffentlichkeit und Wissen sich nochmals grundlegend ändern werden.

Geschichte, öffentliche

Als ich vor vielleicht fünf Jahren einem ehemaligen, mittlerweile in die USA emigrierten Studienkollegen etwas umständlich erklärte, was ich denn heute so tue, meinte er nach einer Weile kurz: Aha, das nennen die bei uns Public History. Hätte man ja auch selber drauf kommen können, dachte ich, wahr ist aber auch: Damals wurde der Begriff im deutschen Sprachraum – und ich wage zu behaupten in Europa – so gut wie gar nicht verwendet.

Seit vielleicht zwei bis drei Jahren ist das anders: Public History hat sich in die Fachsprache eingenistet. Zumindest löst es nicht mehr nur ein grosses Fragezeichen aus. Allerdings: Die Frage, was man unter Public History verstehen möchte, ist von ungebrochener Aktualität – selbst in den USA. Und das ist gut so.

Natürlich gibt es Definitionen, längere und kürzere. Eine, die mir gefällt, findet sich als Motto der Zeitschrift Public History Review:

Public History Review investigates the nature and forms of public history: how and to whom is the past communicated and how does the past operate in the present?

Geschichte als Kommunikation, eng verbunden mit Medien, orientiert auf ein bestimmtes Publikum und Teil unserer Weltbetrachtung, kurz: öffentlich. Und damit diskutierbar, umstritten, einflussreich. Das Schöne daran: Diese Definition macht keine Grenze auf zwischen akademischer und nicht-akademischer Geschichtsschreibung.

Gerade diese war nicht nur konstitutiv in der Fachentwicklung, als sich Geschichte im 19. Jh. zum akademischen Fach mauserte, sondern sie spielte auch eine Rolle in den Anfängen der Public History-Bewegung in den frühen 1970er Jahren, und zwar im Sinn der Überwindung der alten Grenze: Public sollte die neue Geschichte sein in dem Sinn, dass sie sich an ein nicht-akademisches Publikum wenden wollte. Gleichzeitig hatte die Bewegung auch das Ziel, Historikerinnen und Historikern neue Tätigkeitsfelder ausserhalb von Universitäten zu eröffnen. Mittlerweile verfügen fast alle us-amerikanischen und australischen Universitäten über entsprechende Studiengänge, es gibt mehrere Forschungszentren und eine grosse anglo-amerikanische Community, die sich vor allem auch über das Web unterhält.

Im deutschen Sprachraum gibt es vorderhand einen Studiengang: Im Wintersemester 2008 wird in Potsdam der erste Masterstudiengang in Public History starten. Und ein fertig entwickeltes Weiterbildungsprogramms in Public History an der Universität Luzern (hist.net berichtete), das bislang nicht starten konnte: Weiterbildungen sind, im Gegensatz zu Grundausbildungen, bekanntlich mit erheblichen Kosten verbunden.

Und neu: Diese Rubrik im Weblog von hist.net!

Geschichte schreiben mit Google

Google bietet nicht nur Goethe-Ausgaben aus dem Jahre 1659 an, sondern auch eine Timeline, die hilft, gefundene Einträge von Google News chronologisch darzustellen. Dass dieses gerade für die Geschichtswissenschaften eigentlich interessante Spielzeug noch nicht wirklich brauchbar ist, zeigt ein einfacher Versuch mit dem Begriff Wikipedia.

Wer gedacht hat, dass man auf diese Weise die Berichterstattung über Wikipedia recherchieren könnte, wird enttäuscht. Was hier angezeigt wird, ist ein krudes Durcheinander von Wikipedia-Einträgen, Wikipedia-Berichten und sonstigen News-Meldungen.

Wir dürfen gespannt sein, wann die ersten Seminararbeiten eintrudeln, die uns mit Hilfe der Google’schen Timeline die Geschichte neu erklären werden …

Für etwas präzisere News-Recherchen empfehlen wir übrigens das Archiv der Times, das neuerdings die Jahrgänge 1785 (!) bis 1985 frei zugänglich anbietet. Da hat es sich dann ausgegoogelt.

P.S.: Den Hinweis auf die Timeline entnahmen wir der wunderbaren Polemik von Peter Glaser, in der er einen unglaublich arroganten und fast schon bewundernswert ignoranten FAZ-Schreiberling namens Marco Dettweiler (Kürzel „made“) nach allen Regeln der Kunst herunterputzt. Wir finden: Lesenswert (inklusive Kommentare) weil es die panische Angst des traditionellen Journalismus vor der Blogosphäre anschaulich illustriert. Peter Glaser ist übrigens beim elektrischen Reporter in zwei sehr informativen Beiträgen auch als Oral History-Zeitzeuge zu den Anfängen des Internet zu geniessen (Teil 1, Teil 2).

Geschichte und Neue Medien: Geschichtsblog des Monats Juni 2008

 
Geschichte und Neue Medien

Der Weblog von Alexander König mit dem Titel „Geschichte und Neue Medien“ soll hier stellvertretend für eine Sparte von Geschichtsblogs stehen, die neben jenen der wissenschaftlich und freiberuflich tätigen Historiker/innen in der Blogosphäre tätig sind: Weblogs von Geschichtslehrer/innen. Auch bei den Geschichtslehrer/innen sind jene Personen, die sich intensiv mit den Möglichkeiten und Auswirkungen des digitalen Wandels befassen, in eher geringer Zahl anzutreffen – zumindest auf dem Web. Und doch gibt es immer mehr Versuche, Blogs oder auch Wikis im Schulalltag einzusetzen. Hier seien nur zwei exemplarisch genannt: das Wiki der Kantons-Schule Freudenberg (hier Link zum Fach Geschichte) und das Geschichtsweb an der HFG Oberkirch.

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medias in res | Kulturwissenschaftliche Positionen der Medienforschung

«In medias res oder eben auch medias in res steht als rhetorische Figur seit Horaz’ ars poetica für die Kunst, ohne Umschweife zur Sache zu kommen, mitten in die Dinge hinein. Das in der Mitte Befindliche wiederum, so der begriffsgeschichtliche Befund, wurde Medium genannt und bezeichnete zunächst den Zwischenraum, aber auch das Gemeinwohl und die Öffentlichkeit. Das Wort Medium bzw. Medien oszilliert seither im kultur- und medienwissenschaftlichen Kontext zwischen einer schwachen und einer starken Bedeutungsvariante: Medien als Mittel der Kommunikation oder als kulturelle Vermittlung sind oder kommen stets dazwischen. Von dieser Definition der Medialität als eines verbindenden und trennenden Dazwischen ausgehend, lassen sich unterschiedliche Theorien und Methoden ausmachen, die seit den 1980er Jahren das kulturwissenschaftliche Profil der Medienwissenschaft und benachbarter Disziplinen konturieren.»

Mehr dazu gibt es vom 11. bis 13. Juli in Basel. Organisiert vom Institut für Medienwissenschaft der Universität Basel, Lehrstuhl Professor Tholen, und bestückt mit zahlreichen spannenden Referenten, von Dieter Mersch über Lorenz Engell, Hans-Jörg Rheinberger, Wolfgang Coy und – last, but really not least: Sybille Krämer.

Wo gibt es mehr Hochkarätiges während der Sauergurkenzeit? Zur Vorbereitung gibt es den Flyer, das Programm und – als Vorprogramm gleichsam – eine Pro*Doc-Tagung zum Thema «Intermediale Inszenierungen – Fallstudien und theoretische Konzepte».

Suchdienst ITS wird zugänglich

Wie die NZZ meldet, ist der International Tracing Service (ITS), das weltweit grösste Archiv mit Dokumenten über die Opfer des Nationalsozialismus in Bad Arolsen, neu auch der weltweiten Öffentlichkeit zugänglich. Der ITS verfügt über 50 Millionen Hinweise mit Informationen über 17,5 Millionen Personen. Die Dokumente des Archivs sind in verschiedene Bestände organisiert. Noch sind nicht alle Bestände digitalisiert oder gar übers Netz zugänglich, aber immerhin stehen bereits einige Hilfsmittel und Suchformulare im Netz bereit.

Workshop «Kultur und Digitalisierung» I in Romainmôtier



Von heute bis Samstag treffen sich in Romainmôtier in der Nähe von Yverdon-les-Bains eine Handvoll Fachleute und Kunstschaffende, um über Kultur und Digitalisierung zu diskutieren. Eingeladen hat das Migros Kulturprozent, verantwortlich zeichnet eine Projektgruppe bestehend aus Dominik Landwehr, Veronika Sellier, Claudia Rosiny, Giaco Schiesser und mir.

Den Einstieg im ersten Teil machte Felix Stalder, Dozent an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich, der über soziologische Perspektiven der Informationsgesellschaft referiert. Ihm folgte Stefan Münker, Medienwissenschafter, Redaktor und neu Privatdozent an der Universität Basel, mit einem wunderbaren, auch historisch fundierten Vortrag zum Phänomen Web 2.0.

Wir werden immer wieder über diesen Workshop berichten, verweisen aber gerne auf rebell.tv, wo in einem ganz anderen Tempo aus Romainmôtier berichtet wird!

Nachtrag: Hier schon die ersten visuellen Eindrücke vom Workshop auf flickr.

Buchmesse (1): Wozu noch Buchmesse?

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Seit heute morgen ist die Buchwelt wieder im Ausnahmezustand. Pünktlich um 9 Uhr öffnete nämlich die diesjährige Frankfurter Buchmesse ihre Tore. Der übliche Rummel: 7200 Austeller aus 113 Ländern, unendlich viele Neuerscheinungen, lange Schlangen überall.

Beim ersten Rundgang hier habe ich mich gefragt, wieso es die Buchmesse eigentlich noch braucht. Als ich das erst Mal hier war, Ende der 80er Jahre, gab es noch kein Internet. Die Buchmesse war eine grandiose – und einmalige – Gelegenheit, um sich über Bücher und sonstige Publikationen zu informieren, die den Weg in die heimisch Buchhandlung oder Bibliothek nicht schaffen würden. Bücher aus fremden Ländern, Produkte kleiner und kleinster Verlage, «graue Literatur» – das alles gab es an der Buchmesse zu entdecken. Und nur hier.

Schwer beladen mit Prospekten und Katalogen torkelte ich jeweils nach Hause. Und heute? Hin und wieder notiert man sich eine URL, nimmt, ganz, ganz selten, einen gedruckten Katalog mit. Der Rest ist Internet. Ist verfügbar, immer und überall.

Aber das führt auch dazu, dass mehr Zeit bleibt für Gespräche und Begegnungen, zum Besuch von Lesungen und Informationsveranstaltungen. Das Internet hat die Buchmesse verändert. Aber zum Glück nicht überflüssig gemacht.

Wikipedia: Computergestützte Berechnung der Vertrauenswürdigkeit

Die Idee von Luca de Alfaro (Professor für Informatik an der University of California, Santa Cruz) und B. Thomas Adler ist bestechend: Sie haben ein Programm entwickelt, mit dem sie die Glaubwürdigkeit von Wikipedia-Autor/innen und der von Ihnen verfassten Texte berechnen können – so behaupten sie jedenfalls. Weiterlesen

Wikipedia in den Wissenschaften | Werkstattgespräch in Basel (3)

Erfreulicherweise kamen gestern nicht nur viel mehr Leute an unser Werkstattgespräch, als wir uns je zu erhoffen gewagt hätten, einige von ihnen haben Ihre Eindrücke auch bereits zu Papier oder in ihr Weblog gebracht. Natürlich sind wir (wie alle Weblog-Betreiber vermutlich) tendenziell narzisstisch veranlagt, so dass wir alle Reaktionen und Berichte schön ablegen werden auf der entsprechenden Wiki-Seite!

Informationsverbund Deutschschweiz (IDS) mit neuem Meta-Suchdienst

Seit Anfang dieser Woche ist unter www.informationsverbund.ch die neue IDS-Website in Betrieb. Sie bietet nebst allgemeinen Informationen zum IDS-Gesamtverbund auch die Möglichkeit zur direkten Katalogabfrage. Nebst den Katalogen der einzelnen IDS-Teilverbünde in Basel/Bern, Zürich, Luzern etc. stehen hier auch die Kataloge einiger IDS-Partner, der RERO-Gesamtkatalog sowie der Katalog der Schweizerischen Nationalbibliothek (Helveticat) für eine katalogübergreifende Suche zur Verfügung.

Ein paar erste Probeläufe ergaben, dass die Suchmaschine nicht sehr schnell ist, die Benutzer/innen-Führung aber recht gut gelöst ist und die Seiten aufgeräumt und übersichtlich sind. Nachbesserungsbedarf besteht wohl noch beim Import der Daten, die nicht immer fehlerfrei angezeigt werden (zum Beispiel gehen fehlen die Wortzwischenräume auffallend häufig bei den Titelangaben). Alles in allem aber auf jeden Fall eine erfreuliche und begrüssenswerte Entwicklung.

P.S.: Einen ganz anderen Weg geht das ambitiöse Meta-Katalogprojekt namens Dreiländerkatalog. Hier werden alle Daten vor Ort gehalten, was natürlich eine andere Geschwindigkeit bei der Suche ermöglicht. Unsere Empfehlung: unbedingt ausprobieren! Der Name ist übrigens zwar Programm, aber noch nicht Realität. Aus der Schweiz sind zumindest bis jetzt keine Daten im Katalog enthalten.

HOK Lesen: Quellen: Komplott- und Verschwörungstheorien (IV)

Wo wir schon dabei sind, noch zwei ergänzende Nachträge: Florian Rötzer berichtet in Telepolis von der Suspendierung des Professors Steven Jones an der Brigham Young University in Provo, Utah, der sich für die These stark macht, die Twin Towers und das daneben stehende Gebäude WTC 7 seien eher durch gezielte Sprengungen zum Einsturz gebracht worden. Diese Aussagen des gläubigen Physikers gefallen der Mormonen-Universität nicht („Die Diskussion über die Verschwörungstheorien zum 11.9. erreicht die akademische Welt„). Er wird mit folgender Aussage zitiert:

We don’t believe that 19 hijackers and a few others in a cave in Afghanistan pulled this off acting alone.

Das kommt mir doch bekannt vor…

Dazu gesellt sich ein weiterer Telepolis-Artikel von Haiko Lietz (Inside Job), der die wachsende Zahl von US-Bürger/innen thematisiert, die 9/11 für ein Werk der US-Regierung (=Inside Job) halten.

In New York City ist es schwerer, jemanden zu finden, der nicht von einem Inside Job überzeugt ist, als umgekehrt.

Lietz bezieht sich auch auf die Argumentation von Prof. Jones und die von ihm ins Leben gerufene Bewegung „Scholars for 9/11 Truth„.

Wer mit fünf Jahren Abstand noch einmal die Stimmung am Tag der Anschläge einfangen will: CNN wiederholt ungeschnitten die eigene Berichterstattung dieses Tages.

Übersicht: HOK Lesen: Quellen

Aus der Welt der Wikis: Der Zusammenhang von Wikipedia und Rock’n’Roll

Aus einem Interview der Technology Review mit Wikipedia-Gründer Jimmy Wales anlässlich der Wikimania Anfang August:

TR: Was sagen Sie Lehrern und Professoren, die ihren Schülern und Studenten nicht erlauben, aus der Wikipedia zu zitieren, weil sie keine bekannte und verlässliche Quelle sei?

Wales: In den Fünfzigerjahren haben Eltern ihren Kindern doch auch verboten, Elvis Presley zu hören. Es ist einfach lächerlich, Studenten zu sagen, sie dürften die Wikipedia nicht nutzen. Sie tun es ja doch. Professoren sollten wieder ihre Verantwortung wahrnehmen, den Studenten beizubringen, mit der Welt auf eine erwachsene Art und Weise umzugehen. Sie sollten ihnen beibringen, Quellen kritisch zu würdigen. Sie sollten lehren, wie die Wikipedia entsteht und ihre Stärken und Schwächen erläutern. Und Sie sollten den Studenten sagen, wann sie ein Lexikon nutzen sollten und wann Primärquellen besser sind.

Lexika können einem schnell akkurate Hintergrundinformationen liefern. Wenn Sie einen Roman über den Zweiten Weltkrieg lesen und da ein Begriff auftaucht, den sie nicht kennen, greifen Sie zu einer Enzyklopädie und schauen es nach. Müssen Sie eine Seminararbeit zu dem Begriff schreiben, sind weder Britannica noch Wikipedia die richtige Quelle. Den Lexikon-Eintrag kann man als Einstieg lesen, aber dann muss man seine Hausaufgaben machen.

Und außerdem: Rock’n’Roll wird niemals sterben – die Wikipedia auch nicht. Wenn man seinen Studenten also sagt, sie nicht zu benutzen, hilft man ihnen damit überhaupt nicht.

Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Wer Wikipedia nutzt, tut gut daran, diese Quelle kritisch zu würdigen. Das beginnt mit einer Analyse der Entstehung und der Menschen, die zum fraglichen Artikel beigetragen haben und einem Quervergleich mit einer anderen Quelle. Das sollten Geschichtsstudierende schon in der Einführungsveranstaltung lernen. Aber vielleicht lohnt es sich, das auch explizit mit Wikipedia zu machen.

Ausserdem: Wales hat in seiner Eröffnungsrede an der Wikimania nicht nur den Ausschnitt aus dem Colbert-Report zur Wikiality gezeigt, sondern auch selbstkritisch zur guten Evaluation durch die renommierte Wissenschaftspublikation Nature angemerkt (Zitat aus der Zusammenfassung bei Wikipedistik – vielen Dank, Tim Bartel):

Nach ein paar Worten zu den Milestones des letzten Jahres (Quantität der Artikel in den verschiedenen Wikipedias) sprach er über die Seigenthaler-Affäre (“Apparently there was an error in Wikipedia”) und den Nature-Test. Hier wies er nocheinmal deutlich darauf hin, dass dieser für die Wikipedia sehr glücklich ausgegangen ist und ein Vergleich in einem anderen Bereich als den Naturwissenschaften vermutlich nicht zu einem vergleichbar positiven Ergebnis gekommen wäre.

Mehr zu Wikimania auch im Spiegel-Artikel „Elefanten überrennen Lexikon“ (Der Titel bezieht sich auf auf die Wikiality-Aktion von Colbert). Dort fand ich folgende Passage zu den geplanten „stabilen“ (= geprüften und für gut befundenen) Artikeln, die in Kürze beim deutschen Wikipedia eingeführt werden soll:

Auch der Erfinder des Prinzips „Wiki“, Ward Cunningham, zeigt sich skeptisch. „Solange Wikipedia zwei Versionen hat [eine editierbare und eine „stabile“, unveränderbare – Anmerkung Jan Hodel], ist das ok. Sollte aber in Zukunft ausschließlich eine von Zeit zu Zeit stabilisierte Version entstehen, dann wäre Wikipedia tot. Ohne die soziale Interaktion ist Wikipedia nichts.“

Wikipedia ist eben mehr als ein Gratis-Online-Lexikon. Ein (sehr populäres) Beispiel für eine dank ICT mögliche Form des gemeinschaftlichen Erstellens und Veränderns (und Diskutierens) von Texten. Rock’n’Roll eben.

Übersicht: Aus der Welt der Wikis