Archiv der Kategorie: Forschung und Praxis

Digital Na(t)ives in Münchenwiler

Münchenwiler

Während sich Kollege Haber an den politisch brisanten Verhandlungen zur Memopolitik in der Bundeshauptstadt aufhält (und sich live zuschaltet, wenn es etwas Bemerkenswertes zu berichten gibt), habe ich mich auf das ruhige Land zurückgezogen und als Referent am Workshop „e-education“ der ICT-Gruppe der SATW teilgenommen. Ich befürchte, dass ich zur Fragestellung des Workshops („Über welche ICT-Kompetenzen sollen die Lehramts-Studierenden bei Studienbeginn und bei Studienabschluss verfügen, und wie (und von wem) kann dies sicher gestellt werden?“) nicht allzu viel habe beitragen können mit meiner Fallstudie des Einsatzes von ICT in meinen Lehrveranstaltungen. Weiterlesen

Wikis in Education: kleine Literaturübersicht

Wie kann man Wikis im Unterricht, bzw. in der Lehre einsetzen? Dazu gibt es schon eine ganze Reihe von Vorschlägen und auch erste Erfahrungsberichte. Einen guten Einstieg bietet die Liste von Wolfgang Neuhaus in seinem Blog Mediendidaktik (via Blog Geschichte und Neue Medien). Ergänzend möchte ich noch auf zwei neuere Artikel von Piotr Konieczny ((Konieczny, Piotr: „Wikis and Wikipedia as a Teaching Tool“, in: International Journal of Instructional Technology And Distance Learning, 2007, Nr. 1 (http://www.itdl.org/Journal/Jan_07/article02.htm [13.4.2007]).)) und Kevin Parker ((Parker, Kevin R.; Chao, Joseph T.: „Wiki as a Teaching Tool“, in: Interdisciplinary Journal of Knowledge and Learning Objects 3 (2007) (http://ijklo.org/Volume3/IJKLOv3p057-072Parker284.pdf [25.5.2007]).)) hinweisen.

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Neue Lerntechnologien und messbare Schülerleistungen

Die Sonntagszeitung hat’s berichtet, bei Beats Weblog hab ich’s gefunden: Neue Lerntechnologien (= Elektronische Medien), so neuste US-Studien, verbesserten die Schülerleistungen nicht. ((Shapley, Kelly; et al.: Evaluation of the Texas Technology Immersion Pilot. Findings from the Second Year, Austin: Texas Center for Educational Research 2007 (http://www.etxtip.info/images/eTxTIP_Year2EvalReport.pdf [26.6.2007]).)) Das passt bestens zu den Berichten, dass einige US-Schulen in Zukunft wieder auf den Einsatz von Laptops im Unterricht verzichten wollen.

Abgesehen von der Frage, ob bei diesen Studien erfasst wird, ob die digitalen Medien didaktisch sinnvoll eingesetzt werden, möchte ich auf den Blog-Eintrag von Stewart Mader hinweisen, der ein grundsätzliches Problem anspricht (basierend auf einem Beitrag in BusinessWeek: ((Kind, Ron: „A Flawed Measure of Ed Tech“, in: BusinessWeek, 10.4.2007, (http://www.businessweek.com/technology/content/apr2007/tc20070410_846623.htm?chan=top+news_top+news+index_technology [26.6.2007]).))

“ […] The magic of technology is that it works for students with a variety of learning styles instead of requiring them to learn in a style that isn’t optimal, and that’s the opposite of training for standardized tests. […]“

Mit anderen Worten: Solange die Schülerleistungen in standardisierten Tests erhoben werden, wohingegen die Neuen Lerntechnologien gerade nicht standardisiert messbare Bildungsprozesse fördern will (wobei zu fragen ist, wie die Einlösung dieses Anspruchs überprüft werden kann), soll sich niemand wundern, dass Neue Lerntechnologien keine „messbaren Verbesserungen der Schülerleistungen“ hervorbringen – einmal ganz unabhängig davon, ob sie didaktisch sinnvoll eingesetzt werden, oder eben nicht.

Web 2.0: Kontakte – nicht Information; Ort – nicht Werk

Die Entscheidung des Magazins (Samstagsbeilage zu Tagesanzeiger, Berner Zeitung und Basler Zeitung), seine Website mit einem Wiki zu verwalten und die Leser/innen einzubinden und mitwirken zu lassen (allerdings nur kommentierend…), hat mich noch einmal darauf aufmerksam gemacht, warum das „web 2.0“ auch mit dem Begriff „Social Software“ bezeichnet wird (Hinweis auf die Wikisierung des Magazins von Beat). Ich komme wieder zu einer Bemerkung, die ich bereits anlässlich des Workshops „Wikipedia in den Wissenschaften“ vor ein paar Wochen äusserte: Wikipedia (und auch andere Anwendungen des Web 2.0) ist weniger ein Werk (also: ein Buch, eine Zeitung, ein Film), das Informationen anbietet, sondern eher ein Ort, an dem Menschen über Inhalte verhandeln, sich austauschen und sich treffen. Weiterlesen

Geschichte 2.0: Geschichte lernen mit Social Software – ein Dissertationsprojekt

Seit Anfang dieses Jahres arbeite ich an einem Dissertationsprojekt, dass sich für die Zusammenhänge von Lernprozessen in der Geschichte und der Nutzung von Social Software interessiert. Ich möchte im Weblog in loser Folge (nebst den Hinweisen auf Entwicklungen und Neuigkeiten im und für den Bereich Geschichtswissenschaft und digitale Medien) über Erfahrungen, Schwierigkeiten und Erfolgserlebnisse berichten, die sich Verlauf meiner Arbeit ergeben. Weiterlesen

Individuelle Qualitätssicherung in Wikipedia: Praxisbericht

Desanka Schwara stellte anlässlich ihres Kommentars zum Werkstatt-Gespräch zu Wikipedia in den Wissenschaften eine konkrete Frage zur Qualitätssicherung in Wikipedia:

Darf ich die „Probe aufs Exempel“ machen? Lieber Jan, kannst Du mir sagen, wer die „Nymphe Hybris“ ist? Sie soll laut Wikipedia die Mutter des Gottes Pan sein. Und die „Hybriden“? Die ganzen klugen Bücher (und Menschen), die sich auf diesem Gebiet auskennen, wissen nichts davon (der grosse, der kleine und der neue Pauly nicht, alle Oxford und Cambridge Nachschlagewerke zu alter Geschichte nicht, auch einschlägige Experten nicht). Wie kann ich herausfinden, woher diese Information in Wikipedia stammt, und wie kann ich sie überprüfen? Und evtl. noch mehr darüber lesen? Das wäre echt toll.

Gut, ich habe die Frage als Aufforderung genommen, Nachforschungen zum Sachverhalt anzustellen, obwohl ich kein Althistoriker bin (oder wie sagt man den Menschen, die alte Geschichte betreiben?). Anhand dieses Beitrags möchte ich zeigen: Weiterlesen

Zur Medienkultur des Netz-Wissens

Heute fand die erste Sitzung des Seminars «Zur Medienkultur des Netz-Wissens» statt. Das wäre an sich nicht besonders interessant und auch keinen Eintrag in diesem Weblog wert, wenn nicht ein Grossteil des Seminars im eigens dafür eingerichteten Weblog auf dem Rechner des Instituts für Medienwissenschaft stattfinden würde. Dass dies überhaupt möglich ist, verdanke ich der tatkräftigen Hilfe von Oliver Hagmann vom Institut für Medienwissenschaft und von Jan Hodel. Auch an dieser Stelle sei beiden nochmals herzlich gedankt.

netzwissen.png

Die Idee mit dem Weblog kam mir, als ich sah, dass sich über 50 Studierende für das Seminar angemeldet hatten. Nun wird ein grosser Teil der eigentlich seminarinternen Kommunikation öffentlich im Weblog abgehalten werden: Literaturlisten, Sitzungsberichte, Essays – dies alles werden wir gemeinsam im Weblog einstellen. Das ist auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär und vielleicht wird es dies auch auf den zweiten Blick bleiben. Es könnte aber sein, dass mit dem Weblog eine Dynamik in die Diskussionen kommt, die wir ohne dieses Medium nicht gehabt hätten. Es sind verschiedene Szenarien vorstellbar: So könnte es sein, dass wir anfangen, in unseren Berichten immer wieder auf andere Beiträge zu verweisen und dass so eine grössere inhaltliche Kohärenz entsteht, als dies sonst bei einsemestrig geführten Seminaren der Fall ist. Es könnte auch sein, dass sich noch während des Semesters Externe in unsere Diskussionen einschalten und auf diese Weise unsere Arbeit beeinflussen. Und schliesslich ist auch nicht auszuschliessen, dass das Material – es werden am Ende des Semesters hoffentlich rund 50 wunderbare Berichte und Essays zum Thema «Wissen im Netz» auf unserem Weblog sein – eine Art von Nachleben entfaltet und das Seminar auf diese Weise sich weiterentwickelt.

Wikipedia in den Wissenschaften | Werkstattgespräch in Basel

Die freie Enzyklopädie Wikipedia ist längst schon Teil des wissenschaftlichen Alltags geworden. Wikipedia wird von Dozierenden ebenso genutzt wie von Studierenden, ist Steinbruch für eigene Texte und ein medialer Grossversuch zugleich. Fluch oder Segen? Im Rahmen des medienpraktischen Kurses «Schreiben für Wikipedia. Eine medienpraktische Einführung mit theoretischen Bezügen» laden das Institut für Medienwissenschaft und das Historische Seminar der Universität Basel zu einem öffentlichen Werkstattgespräch ein.

Datum: Freitag, 20. April 2007
Ort: Institut für Medienwissenschaft der Universität Basel, Bernoullistrasse 28 (Lageplan)

Programm:

13:00 Prof. Dr. Christoph Tholen (ifm) und Dr. Peter Haber:
Begrüssung und Einführung

13:30 PD Dr. Maren Lorenz (Uni Hamburg)
Wikipedia. Zum Verhältnis von Struktur und Wirkungsmacht eines heimlichen Leitmediums

14:00 lic. phil. Jan Hodel (PH Nordwestschweiz)
Didaktische Überlegungen zum Nutzen und Nachteil von Wikipedia

14:30 Dr. Andreas Ineichen / lic. phil. Suzanne Schaer Pfister (Historisches Lexikon der Schweiz)
Vom Schreiben eines Fachlexikons in den Zeiten von Wikipedia

15:00 Pause

15:15 Diskussion und Thesen

16:00 Ende

Das Programm als PDF.

Narrationen im digitalen Zeitalter

Der folgende Beitrag fasst meine Ausführungen während der Tagung „Das Internet als Raum des historischen Lernens“ noch einmal in geraffter Form zusammen. Er befasst sich mit der Rolle, die Narrationen im digitalen Zeitalter spielen können und fokussiert auf die Situation des web 2.0, das heisst von Weblogs und Wikis.
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Das Internet als Raum Historischen Lernens II

Der folgende Beitrag ist eine notiz-artige Gesamtschau der Tagung „Das Internet als Raum historischen Lernens“ am Institut für Zeit- und Regionalgeschichte in Schleswig aus der Sicht von Jan Hodel. Peter Habers Sicht der Dinge ist hier zu finden… So steht es dem geneigten Leser, der geneigten Leserin frei, sich sozusagen multiperspektivisch (oder gar kontrovers) über die verhandelten Inhalte zu informieren. Weiterlesen

Wikipedia im Unterricht (II)

Nicht nur Peter Haber: Auch ich werde mich im Sommersemester mit Wikipedia im Unterricht beschäftigen, aber auf eine etwas andere Weise. Ich führe eine Lehrveranstaltung mit dem Titel „Historisches Lernen mit Wikis und Wikipedia“ an der Pädagogischen Hochschule der FHNW durch. Es handelt sich um ein Forschungsatelier, in dem sich die Lehramtsstudierenden mit Themen und Methoden auseinandersetzen sollen, die sie dann für die Abfassung ihrer Diplomarbeit nutzen können.

Diese Lehrveranstaltung wird sich vor allem auf die Rolle von Wikipedia (aber auch generell von Wikis) beim historischen Lernen in der Schule konzentrieren. Ich bin gespannt, inwiefern sich hier Überschneidungen und/oder Ergänzungen zum kultur- und medienwissenschaftlich orientierten Kurs von Peter Haber ergeben.

Wikipedia im Unterricht

Alle reden von Wikipedia, in Basel werden wir konkret! Nachdem uns die Kollegen in Wien schon den Rang abgelaufen haben in Sachen „Erste geschichtswissenschaftliche Lehrveranstaltung mit Weblogs» werde ich im kommenden Sommersemester die vermutlich erste kulturwissenschaftliche Lehrveranstaltung mit und über Wikipedia abhalten. Im Rahmen eines Medienpraktischen Kurses am Institut für Medienwissenschaften der Universität Basel werde ich zusammen mit Studierenden der Medienwissenschaften und der Geschichte Wikipedia als neues mediales Phänomen der Wissenschaftskommunikation untersuchen. In einem zweiten Schritt werden wir selber wissenschaftliche Themen in Wikipedia bearbeiten und dabei beobachten, was mit den Texten geschieht. Dazu werden wir voraussichtlich im hauseigenen Wiki von hist.net einen Bereich einrichten, wo wir die Diskussionen werden führen können. Die Veranstaltung werde ich in vier Halbtagesblöcken zwischen April und Juni durchführen. Wenn ich die Gelder bewilligt bekomme, werde ich auch externe Fachleute nach Basel einladen.

HOK Lesen/Schreiben: Plagiate – oder: vom Abschreiben zum Fotokopieren zum Copy/Paste

Der bekannte Wikipedia-Kritiker Daniel Brandt (von wikipedia.watch) kommt in einer selbst durchgeführten Studie zum Schluss, dass mindestens 1% der Artikel in der englischen Wikipedia Plagiate enthalten (via Wikimetrics). Brandts Vorgehen klingt zwar plausibel, ist aber nur schwer nachzuvollziehen. Einerseits sind die Original-Daten (offenbar eine Liste von Biographien von Menschen, die vor 1890 lebten) nicht offengelegt. Auch die Ergebnisse seiner Auswertungen, die Sätze aus den Artikeln, mit welchen er ein Plagiat zu identifizieren sucht, ja noch nicht einmal die 142 Artikel, die aus seinem Sample von 16750 Artikeln als mit Plagiaten versehen identifizierte, sind zugänglich. So bleibt die Aussagekraft dieser Untersuchung unklar.

Schade, denn das Problem mit Plagiaten interessiert in der Bildungsszene (in Schulen und Universitäten) brennend, wenngleich auch eher umgekehrt – nämlich da, wo aus Wikipedia abgeschrieben wird. Die Lage ist gerade bei Wikipedia noch etwas komplizierter, weil dort das Kopieren von Inhalten explizit erlaubt ist – als Ausdruck eines „freien“, nicht durch Urheberrechte geknebelten Wissens (hier passt der Link zur OpenAccess-Debatte). Doch beim Problem des Plagiats geht es weniger um Urheberrechtsfragen als um das Konzept wissenschaftlicher Redlichkeit, wonach fremde Leistungen nicht als eigene ausgegeben werden dürfen.

Hier wird dann gerne von Seiten der Lehrenden das mangelnde Verständnis der Schüler, Schülerinnen und Studierenden (=Lernende) für dieses Prinzip angemahnt, bzw. ein fehlendes Unrechtsbewusstsein beklagt.

Aber vielleicht gibt es auch eine andere Sichtweise, die stärker von den Effizienz-Potentialen medialer Praktiken (bzw. dem Bequemlichkeitspotential der Lernenden) ausgeht. Hier meine These. Das Prinzip der wissenschaftlichen Lauterkeit wird von Lernenden nicht verstanden, weil sie die ihnen gestellten Aufgaben einfach nur sehen als „Zusammentragen und Reproduzieren von Informationen, die andere Personen geschrieben haben“. Ob man das in eigene Worte fasst oder nicht – es ist ohnehin eine Reproduktion von Gedanken eines Anderen, da ist „Copy/Paste“ viel effizienter. Die gesparte intellektuelle Energie wird dann in die Produktion eigener Outputs investiert. Im Idealfall in die zusammenfassende Auswertung, vielleicht aber auch in das nächste Level des neuen XBox-Games oder in eine Viertel-Stunde Online-Chat.

Man könnte die „Copy/Paste-Seuche“ auch als Fortsetzung der Verdrängung von Exzerpten durch Fotokopien sehen. Auch das wurde ja mal als Verlust intellektueller Betätigung beklagt, war auch von Effizienz-Überlegungen getrieben und war auch urheberrechtlich nicht unproblematisch (aber halt noch kein Plagiat). Die Überlegung lautete damals: „ich hab’s kopiert, also hab ich’s auch gelesen“, nun heisst es: „ich hab’s kopiert, also hab ich’s auch geschrieben“. Ich warte noch auf Berichte, dass Schüler mit Foto-Handy die Wandtafel-Anschrifen abfotografieren und der Lehrperson mitteilen, dass sie Foto dann ausdrucken und ins Heft kleben.

Vielleicht bedeutet das Plagiats-Problem für die Lehrenden nicht nur, dass sie „besser“ kontrollieren und über die Wichtigkeit des Redlichkeitsprinzips „aufklären“ müssen. Wäre ja eine Überlegung wert, welche Bedeutung dem „Zusammentragen und Wiedergeben“ von Informationen gegeben wird, bzw. wie diese begründet („Verstehen durch Erklären in eigenen Worten“) und eingebettet werden („Ausgangslage für Entwicklung eigener Argumentation“). Das bedeutet nicht, dass die Lernenden auf Anhieb verstehen, warum das „Copy/Paste“-Verhalten nicht nur von den Lehrenden verpönt, sondern am Ende auch für sie selber (bzw. ihr Sachverständnis) wenig gewinnbringend ist.

Bestätigt fühle ich mich durch die Analyse des Medienwissenschaftlers Stefan Weber, der das Problem der seiner Ansicht nach grassierenden Plagiate folgendermassen auf den Punkt bringt:

Die Universitäten fördern in ihrer Unbeholfenheit den Trend zur Umschreib-Mentalität, zur Textkultur ohne Hirn. (aus „Textueller Missbrauch„)

Bei der Beurteilung des Verhaltens der Lernenden ist auch zu berücksichtigen, inwiefern die Lehrenden selber hier mit gutem Beispiel vorangehen (oder eben nicht). Bedenke: auch die Lernenden können mit einer Google-Recherche ausfindig machen, ob das Arbeitsblatt, die Aufgabenstellung oder die Zusammenfassung von wo anders stammt.

Zum Wandel des Schreibprozesses im digitalen Zeitalter im Zusammenahng mit der Frage von Plagiaten lohnt, nebst der pessimistischen Analyse von Stefan Weber zum Google-Copy-Paste-Syndrom, die Lektüre des Artikels Pimp My Text von Frank Hartmann.

Literatur:

Übersicht HOK: Lesen/Schreiben, HOK Lesen: Quellen

HOK Lesen/Schreiben: Wo ist das „Persönliche“ am PC – oder: vom Auftauchen des Neo-Netzwerk-Computers

Zwei Ereignisse führen zu diesem Eintrag, der eine Erkenntnis erst einmal ahnen lässt:

Zum Einen die Erfahrung im Gespräch mit dem IT-Verantwortlichen unserer Hochschule. Bislang habe ich die Hochschulen (bzw. vor allem die Universitäten) als relativ flexibel und offen in den IT-Fragen erlebt (relativ…). Man konnte seine Plattform, seine Ausstattung, sein Modell, seine Software-Ausstattung auswählen und hatte dennoch gute Möglichkeiten, mit auftauchenden Support-Anliegen auf offene Ohren zu stossen. Aber das waren wohl noch die Zeiten, als die IT-Mittel für Technik und Personal unter dem Motto „Schulen ans Netz“ und „Wir müssen das Bildungswesen fürs 21. Jahrhundert fit machen“ noch reichlich flossen. Dies scheint nun bereits Geschichte zu sein.

Nun gilt es, IT-Infrastruktur kostengünstig zu führen und zu pflegen. Sonderwünsche sind support-aufwendig, daher teuer, daher nicht mehr zu haben, ausser man kann dringlichen Bedarf anmelden und beteuert mit mehrfacher Unterschrift (zugespitzt formuliert), dass man sämtliche Folgen selber trägt.

Diese Harmonisierung geht ja über Plattform-Fragen (Mac/Win) oder Software-Ausstattungen (Office oder Alternativen) hinaus. Weil die IT-Infrastruktur immer komplexer wird (Kompatibilität von Funknetz-Treibern, Software-Verträglichkeit mit Drucker-Abrechnungs-Systemen usw.), wird immer mehr auch das konkrete Modell und die konkrete Installation von der IT-Abteilung vorgegeben. Anpassungen/Änderungen nur auf eigenes Risiko. So treibt man dem Computer das „Persönliche“ aus (sofern man nicht die Auffassung vertritt, dass das P in PC sowieso nur ein Marketing-Trick war – hat aber bei vielen PC-Bastlern recht gut funktioniert). Vielleicht ist nun eben der Moment gekommen, wo der Computer einfach auf dem Niveau eines Kopiergerätes angekommen ist: ist ja wurscht wie, Hauptsache er tut.

Nun kommt (andererseits) Google ins Spiel (und eigentlich überhaupt das schillernde Konzept von web 2.0). An einer Tagung über wirtschaftlichen Potentiale von web 2.0 in San Francisco wurde die Strategie von Google gedeutet, das sich in letzter Zeit mit dem Zukauf zahlreicher Web-Anwendungen hervorgetan hat. Kern-These: Google setzt auf den „Neo-Netzwerk-Computer“. Die Kernanwendungen werden in Zukunft im Internet ausgeführt. Konkret: Texte schreiben, Tabellenkalkulationen zusammenschustern, Präsentationen planen, Daten ordnen werden wir in Zukunft in einem Browser-Fenster – egal, ob wir uns im Büro befinden, zuhause oder in einem CyberCafé, am Rechner eines Kollegen an einer Tagung, unterwegs mit dem Smartphone.

Wird mein „Personalisierungs“-Wunsch der digitalen Arbeitsumgebung in Zukunft im Netz befriedigt? Oder hänge ich zu sehr an „meinem PC“, den ich liebevoll in stundenlanger Arbeit konfiguriert und eingerichtet und optimiert habe? Wäre ich überhaupt bereit, mein digitales Dasein dem Netz zu überantworten? Den PC kann ich vom Internet abkoppeln, vom Stromnetz trennen, die Festplatte ausbauen – er ist physisch erkennbar vorhanden. Was ist da schon ein Web-Server in irgend einem gekühlten Server-Raum in…. Minnesota? Minsk? Ulan Bator?

Zum Schluss die obligate HOK-Frage: was hat das für Konsequenzen für die Arbeit in der Geschichtsdidaktik und Geschichtswissenchaft? Inwiefern betrifft dies die Informationsbeschaffung, -ordnung, -auswertung; inwiefern werden neuartige Quellen geschaffen, neue Kommunikations-Systeme etabliert, neue Formen der Vermittlung entwickelt? Time will tell.

Übersicht: HOK Schreiben/Lesen; Reden

HOK Reden: Wozu HOK? Ein Zwischenstand.

Anlässlich meines Besuchs und Referats am Georg-Eckert-Instituts habe ich wieder einmal versucht, mir den Sinn und Zweck der Historischen Online-Kompetenz zu vergegenwärtigen.

Verbindung von Medien- und Fachperspektive
Im wesentlichen geht es um eine fachdidaktische, aber auch fachwissenschaftliche Konkretisierung der vielbesagten Medienkompetenz, die durch die digitalisierte Mediengesellschaft erfordert wird. Was heisst denn „kompetent mit Medien umgehen können“ in der Praxis der Geschichtswissenschaften und der Geschichtsvermittlung? Dabei ging ich davon aus, dass „die Medien“ (ich sage dazu ICT: (digitale) Informations- und Kommunikationstechnologien) weder das Zentrum der Überlegungen (wozu naturgemäss die Medienpädagogik und die Medienwissenschaften neigen) bilden, noch einfach als Werkzeuge verstanden werden (wie dies die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken gerne tun).

Bezeichnung von Kompetenz-Dimensionen
Um eine Passung dieser unterschiedlichen Sichtweisen zu ermöglichen, beschränkte ich mich auf die Basis-Kompetenzen jedes wissenschaftlichen Vorgehens: die Analyse, die Synthese und die wissenschaftliche Reflexion. Dabei wollte ich Kompetenz-Dimensionen bilden, welche sowohl die fachlichen als auch die technisch-instrumentellen Methoden umfassten, die für die Nutzung von ICT benötigt werden.

Bei einer Internet-Recherche sind einerseits technische Fähigkeiten des „Bedienens“ erforderlich, genauso aber Kenntnisse davon, wie Suchmaschinen funktionieren, wie Suchabfragen formuliert werden müssen, wie Suchergebnisse bewertet und organisiert werden sollen. Daran schliesst sich schliesslich die eigentiche inhaltliche Analyse der gefundenen Informationen an.

Aus diesem Grund wählte ich zur Bezeichnung der Kompetenz-Dimensionen die allgemeineren Begriffe „Lesen“, „Schreiben“ und „Reden“, da sie in verständlicher Weise die Bereiche der jeweiligen Dimensionen umschrieben. Ich setzte sie bewusst in Anführungszeichen, denn es ging mir nicht um das Aufnehmen und Erstellen von Texten und auch nicht um Kommunikationsakte. Dennoch sehe ich mich mit dem Umstand konfrontiert, dass diese Bezeichnung nicht sehr trennscharf sind und oft im Sinne von „Lesekompetenz“ verstanden werden, wo es um die Aufnahme von Informationen aus schriftlichen Texten geht. Die Dimensionen sind jedoch breiter angelegt, sie sind eher als „Er-fassen“ (statt „Lesen“) und „Ver-fassen“ (statt „Schreiben“) zu verstehen; sie betreffen nicht nur Texte, sondern alle medialen Formen der Information. Wie genau verstehe ich diese Kompetenz-Dimensionen?

„Lesen“
Die Dimension „Lesen“ der Historischen Online-Kompetenz umfasst neben der Entnahme von Information aus Informationsträgern unterschiedlicher medialer Ausprägung (also Texte, Bilder, Filme, Töne, sowie Medienverbünden) und damit zusammenhängend der Fähigkeit, diese Quellen auf ihre medienspezifischen Eigenheiten und ihre Authentizität hin bewerten zu können, auch medienkundliches Wissen (sozioökonomischer Kontext, Urheberrecht, technische Grundlagen) sowie die Fähigkeiten, die ICT für Auffinden und Ablage von Informationen nutzen zu können (Orientierung, Arbeitstechniken). Hier findet ein Zusammenzug ehemals getrennter Fähigkeiten statt: Das Auffinden von Büchern in einer Bibliothek war nocht klarer getrennt von der Analyse-Tätigkeit beim Lesen des Buches, als dies heute bei Recherchen im Internet der Fall ist.

„Schreiben“
„Schreiben“ umfasst einerseits die gestalterischen Tätigkeiten zur Herstellung von Darstellungen in Informationsträgern verschiedener medialer Ausprägungen: also das Verfassen von Text, das Produzieren von Podcasts oder von Filmen, die Konzeption und Umsetzung von Websites oder Computer-Games. Diese Kompetenz-Dimension umfasst aber auch die Kenntnis der spezifischen Eigenheiten der jeweiligen Darstellungsmedien, bzw. deren Auswirkungen auf die Darstellung historischer Sachverhalte. Narrationen sind nicht medienneutral. Und Narrationen werden – selbst in den Wissenschaften – je länger je weniger in schriftliche Texte verpackt. Die Darstellung von Geschichte in Form von hypertextuellen oder multimedialen Präsentationen wird zunehmen. Und zu wissen, wie man mit der DigiCam ein Video dreht und auf YouTube hochlädt, reicht für den kompetenten Umgang mit Geschichte, bzw. mit Geschichtsschreibung nicht aus. Aber auch die Darstellung historischer Sachverhalte mit Texten wird im Zeitalter der modularen Hypertexte und des kollaborativen Schreibens neuartige Kompetenzen erfordern.

„Reden“
Die Dimension „Reden“ umfasst einerseits jene Kompetenzen, über die Auswirkungen, Chancen und Risiken nachzudenken, welche die Nutzung von ICT für Geschichtswissenschaften und Geschichtsvermittlung bedeuten. Andererseits geht es um die Möglichkeiten, welche ICT für die geschichtswissenschaftliche Reflexion eröffnen. Dazu gehören der wissenschaftliche Diskurs ebenso wie die wissenschaftlichen Arbeitsschritte der Fragestellung, der Hypothesenbildung und der Hypothesenüberprüfung.

Verbindung zwischen den Dimensionen
Mir ist es ein besonders Anliegen, bei der Frage der Bedeutung von ICT für die Geschichte nicht nur die Dimension „Lesen“ in den Blick zu nehmen, sondern auch die anderen Dimensionen zu beachten. Dabei interessiert mich auch, wie diese Kompetenz-Dimensionen miteinander verbunden sind. Denn mir scheint, dass die ICT auch zu einer stärkeren Konvergenz der Dimensionen beitragen; dass sich also die Vorgänge des Analysierens, Synthetisierens und Reflektierens einander immer stärker durchdringen: dass Analyseprozesse frühzeitig kommuniziert und zum Gegenstand von Austausch und Reflexion werden; dass Reflexionsprozesse festgehalten und veröffentlicht und zum Gegenstand von Analysen werden können; dass Synthesen deutlicher als bisher die Anteile der analytischen Prozesse sichtbar machen. Dies könnte auch dazu führen, dass einerseits der konstruktivistische Charakter der Geschichtsschreibung, aber auch die Wissenschaftlichkeit der angewandten Methoden deutlicher erkennbar werden.

Wie der Blog insgesamt bildet dieser kurze Abriss nur einen Zwischenstand des Denkprozesses rund um die Historische Online-Kompetenz ab (die eben nicht „historisch“, sondern sehr aktuell ist; also korrekter, aber auch umständlicher als „geschichtswissenschaftliche/geschichtsdidaktische Online-Kompetenz verstanden werden möchte). Wenn ich weitere Einsichten in Aussicht stelle, ist dies also nicht zu viel versprochen.

Übersicht: HOK Reden