Archiv der Kategorie: Forschung und Praxis

Geschichte und Wikipedia (I): Intro

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Wir haben uns hier schon oft und ausführlich über das Phänomen Wikipedia geäussert, gerade eben hat Kollega Haber in einer luziden Kurzanalyse ein Schlaglicht auf das Wesen von Wikipedia (und das Web 2.0) geworfen. Da er darin bereits angekündigt hat, dass Beiträge von meiner Seite zum Thema Wikipedia folgen, soll dieser Ankündigung hiermit Folge geleistet werden. In einer kleinen Reihe von Blog-Einträgen, die hiermit eröffnet wird (vgl. Übersicht am Ende dieses Beitrags), möchte ich Wikipedia stärker unter einer historischen, genauer geschichtswissenschaftlichen Perspektive betrachten. Dies geschieht im Rahmen der Recherchen für einen Artikel mit Peter Haber, der in Kürze in der SZG erscheinen und mögliche Ansätze skizzieren wird, wie die Bedeutung von Wikipedia für die Geschichtswissenschaften ermittelt werden kann. Weiterlesen

Wikibu.ch: Wikipedia-Artikel automatisiert bewerten

wikibu.ch

Die Kolleg/innen vom Zentrum für Bildungsinformatik (unter ihnen auch der hier auch schon erwähnte Kollege Nando Stöcklin) an der PH Bern stellen ein neues, interessantes Projekt vor: Wikibu.ch. Diese Website verbindet verschiedene automatisierte Abfragen von bestimmten Wikipedia-Eigenschaften und stellt diese einfach und übersichtlich dar. Weiterlesen

Geschichtslernen mit Copy & Share

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An der Tagung „Historisches Lernen im Virtuellen Raum“, die letzte Woche in Heidelberg stattfand, habe ich erstmals aus meiner laufenden Forschungsarbeit (Geschichte 2.0) berichtet. Ich habe mir Gedanken zum Copy/Paste-Verhalten der von mir befragten Schüler/innen gemacht, und mir die Frage gestellt, was das mit dem Geschichtslernen zu tun hat.
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Historisches Lernen im Virtuellen Raum

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An der PH Heidelberg fand am Dienstag und Mittwoch (3./4. März) eine Tagung zum Lernen im virtuellen Raum statt. Der Blick auf das Programm zeigt, wie breit dieses Thema behandelt werden kann – oder auch, dass sich erst wenige Wissenschafter/innen damit befassen. Thematisch befassten sich die Beiträge unter anderem mit Webportalen, die Zeitzeugen-Interviews anbieten, Ansätzen zur Benutzer/innen-Forschung in einem virtuellen Museum, dem Einsatz von Lernmanagementsoftware im Geschichtsunterricht und der Analyse des Frauenbilds in PC-Spielen mit historischem Inhalt (oder Hintergrund) oder des Webportals „dieDeutschen.de„, worin das ZDF explizit Inhalte für den Geschichtsunterricht zur Verfügung stellt. Ich selber habe erste Erkenntnisse aus meinem Dissertationsprojekt unter dem Titel „Geschichtslernen mit Copy/Paste und Share“ vorgestellt.
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Kompetenz – eine Frage der Erfahrung?

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Im Rahmen der VU Digitale Medien in den Geschichtswissenschaften an der Universität Wien (durchgeführt von den Kollegen Martin Gasteiner und Josef Köstlbaur) wurden Peter Haber und ich letzten Donnerstag eingeladen, kurz den Stand unserer Erkenntnisse zu präsentieren und uns den Fragen des interessierten Publikums zu stellen. Weiterlesen

Derrida säurefrei

Das kommt davon, wenn man das Thema so weit spannt: «Archiv, Speicher, Gedächtnis» lautet das Thema meines Seminars im laufenden Semester. Letzten Montag begannen die Schlusspräsentationen der Arbeitsgruppen und sie begannen mit einer Netzpanne, die gleich den gesamten Zeitplan verschoben hatte.

So kam es, dass wir uns heute dem Thema Archiv sowohl aus archivistischer als auch aus kulturwissenschaftlicher Sicht gewidmet haben. Alles in allem war das eine ziemlich grandiose Mischung, denn so standen neben den säurefreien Archivschachteln Derrida und Didi-Hubermann im Raum. Eskortiert von Aleida Assmann und Wolfgang Ernst. Vielmehr passt nicht in 90 Minuten und ich war zwar sehr zufrieden mit der heutigen Sitzung, aber auch ziemlich erschöpft.

Jede/r Seminarteilnehmer/in schreibt einen Bericht zu einem der Präsentation, so dass alles, was heute im Keller an der Bernoullistrasse über die Bühne ging, nachlesbar sein wird – und ich denke, es lohnt sich, denn die Präsentationen bestanden aus einigen wirklich wunderbar dichten und doch verständlichen Referaten!

Die gesammelten Einträge zum Archiv der Archivistik gibt es hier, die Beiträge zum kulturwissenschaftlichen Begriff des Archivs – Foucault, Derrida, Didi-Hubermann, Assmann und Ernst – sind hier versammelt.

(Hinweis: die Berichte zu den Schlusspräsentationen dürften in den nächsten Tagen aufgeschaltet werden, bereits online sind die Berichte zu den Zwischenpräsentationen vor ein paar Wochen).

Archiv für Zeitgeschichte: update online archives

Das Archiv für Zeitgeschichte in Zürich hat soeben seine elektronische Bestandesübersicht aktualisiert. Auf AfZ Online Archives sind nun rund 80 Prozent aller Bestände erfasst und ungefähr 35 Prozent des gesamten Archivguts sind bis auf die Ebene der einzelnen Dossiers online recherchierbar.

Das Archiv ist Teil des Instituts für Geschichte der ETH und einer der wichtigen Orte, an dem in der Schweiz das Gedächtnis der jüngeren Zeitgeschichte gepflegt wird. Der Schwerpunkt liegt bei politischen und wirtschaftlichen Themen und Beständen. Gesammelt werden Personen- und Institutionennachlässe. Neu erschlossen wurde beispielsweise das Archiv des Vororts, wie die heutige economiesuisse früher hiess. Bedeutend sind auch die Bestände zur Geschichte der Jüdinnen und Juden in der Schweiz.

Neben Akten gibt es auch ein wenig audiovisuelles Material. Hier scheint die Sammlung eher erst im Aufbau begriffen.

Wiki im Unterricht: Erfahrungsbericht

 Wege in die Moderne
 
Die Ankündigung von Peter Haber zum (viel versprechenden) Kurs über Wikipedistik, sowie ein Erfahrungsbericht von Mark Stoneman (von Clio and Me, Blog des Monats im März d.J.) über seinen Kurs, in dem er Studierende mit Wikipedia arbeiten liess (und in einem Wiki den Kurs mit immerhin 111 Teilnehmenden administrierte), ist Anlass, kurz über meine Erfahrungen beim Einsatz von Wikis und Umgang mit Wikipedia in meinen Kurs im letzten Semester zu berichten. Ich komme zu ähnlichen Einschätzungen, wie Mark Stoneman in seinem Bericht und wie ich unter dem Titel „Digital Secondos„: Die Medienkompetenz der Studierenden ist sehr heterogen. Und doch kann man für die meisten sagen: Sie können zwar suchen, finden aber nichts, was sie für ihre Hochschulaufgaben verwenden könnten. Und von Wikipedia – oder überhaupt von Wikis – kennen Sie allenfalls die Benutzer-Oberfläche und dass alle reinschreiben können. Und Wikis für Unterrichtszwecke zu benutzen, hat seine Tücken.

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Digitalisierung von Kinofilmen an der Uni Basel

Die Universität Basel berichtet von einem neuen Projekt des Imaging and Media Lab: «Spezialisten des Imaging & Media Lab der Universität Basel erfassen Kinofilme aus Archiven digital und können sie so langfristig erhalten. Das in Kooperation mit verschiedenen Partnern startende Projekt «Afresa» wird im Rahmen des Masterprogramms «Réseau Cinéma» von der Förderagentur für Innovation (KTI) des Bundes unterstützt. Der finanzielle Umfang beträgt in der ersten Phase 1,85 Mio. Franken. […] Das Forschungsprojekt ist eine Kooperation des Imaging & Media Lab der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Basel und des Seminars für Filmwissenschaft der Universität Zürich mit den Wirtschaftspartnern Schwarz Film AG und Cine Media SA. Das Projekt wird weiter von Dr. h.c. Arthur Cohn, dem Schweizer Fernsehen, dem Bundesamt für Kultur, der Memoriav und der Stiftung SBB Historic unterstützt.»

Fünf Merkmale digitaler Medien

Was heisst eigentlich «digital»? Im Kopf dieses Weblogs steht «Weblog zu Geschichte und Digitalen Medien» und in meinem Forschungsprojekt geht es um die «Geschichtswissenschaften im digitalen Zeitalter». Was also heisst «digital»?

Mein erster Computer war nicht nur digital, sondern er hatte auch den Anspruch, mir das Prinzip der Digitalität zu erklären. Auf der Packung stand:

Jeder kann ohne Schwierigkeit ein elektrisches Schaltgerät zusammensetzen, mit dem man das wesentliche Prinzip kennenlernt, nach dem auch die grössten Computer arbeiten.

Der Kosmos Spielcomputer LOGIKUS (siehe Bild!) war ein simpler, steckbarer Computer, den man als Tischrechner, Geheimschriftenübersetzer oder als «Intelligenztestgerät» (gemäss Packungsaufdruck) einsetzen konnte. Der LOGIKUS veranschaulichte mir und wohl einer ganzen Generation von technikbegeisterten Schülern, welche Auswirkungen das Dualsystem hatte.

In seinem Buch «The Language of New Media» hat Medientheoretiker Lev Manovich wesentlich präziser beschrieben, was Digitalität – hier im Kontext von Medien – bedeutet und hat fünf Merkmale digitaler Medien herausgearbeitet:

  • Numerische Repräsentation: Mit numerischer Repräsentation bezeichnet Manovich die Tatsache, dass in medialen Medien alle Objekte mathematisch beschreibbar und damit quantifizierbar werden. Ein digitales Photo zum Beispiel wird durch seine Auflösung, das heisst die Anzahl Bildpunkte («Pixel») pro Fläche bestimmt, ein Film durch die Anzahl Bilder pro Sekunde. Bei der Photographie konfiguriert die Auflösung den photorealistischen Effekt, da mit einer zu geringen Auflösung das Bild vom menschlichen Auge als «pixelig», das heisst als nicht-realistisch wahrgenommen wird.
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Erschienen: Historisches Lernen im Internet

Historische Lernen im Internet

Während Kollega Haber bedauernd das Verschwinden von vertrauten Instrumenten (bzw. deren Erscheinungsbild) konstatiert, ist die Erscheinung des Tagungsbands zur Konferenz „Das Internet als Ort historischen Lernens“, die im Januar 2007 in Schleswig durchgeführt wurde (wir berichteten), im Wochenschau-Verlag zu vermelden. Peter Haber hat darin „Anmerkungen zur Narrativität und zur Medialität von Geschichte im digitalen Zeitalter“ platziert, Jan Hodel äussert seine Überlegungen zu „Historischen Narrationen im Digitalen Zeitalter.“ Andere Beiträge stammen beispielsweise von Andreas Körber, Waldemar Grosch, Vadim Oswalt und Oliver Näpel (um nur einige zu nennen). Auch Kollega Krameritsch hat sich darin zu Wort gemeldet mit „Hypertext reloaded. Wunschmaschine oder Medium für Historiker und Historikerinnen“.

Literatur:

Danker, Uwe; Schwabe, Astrid (Hg.): Historisches Lernen im Internet. Geschichtsdidaktik und Neue Medien, Schwalbach Ts.: Wochenschau 2008.

Digitale Erinnerungen oder: Vom (gelegentlichen) Verschwinden der Instrumente

Natürlich war das purer Zufall: In den letzten Tagen haben sich gleich zwei von mir seit Jahren häufig besuchte Web-Adressen ein neues Gesicht gegeben: die Universitätsbibliothek Basel und der Tages-Anzeiger in Zürich. Bei der UB ist mir aufgefallen, dass die eigensinnig-bunte Seite, die seit «Menschengedenken» im Netz war, nun einem schlichten, sterilen, aber natürlich sehr funktionalem Erscheinungsbild gewichen ist. Ziemlicher Mainstream im Bereich Bibliotheken, aber eben: ein gutes Arbeitsinstrument.

Beim Tages-Anzeiger hingegen ist es nicht einmal Mainstream, was geboten wird, es ist einfach eine weitere Spielart der FAZNZZNYT-Clone. Während aber die gute alte Tante NZZ (die immer schon einen Tick besser war im Netz als alle anderen im deutschen Sprachraum) durchdacht und aufgeräumt ist, wirkt die Tagi-Seite ziemlich voll und noch wenig durchdacht. Es reicht halt eben nicht, die visuelle Sprache des Mainstreams zu übernehmen und die einzelnen Elemente über die Seite zu streuen.

Einige Beobachtungen zu diesen beiden aktuellen Relaunches: Dass die grösste seriöse (?) Tageszeitung der Schweiz sich ein Impressum leistet, über das sich die ganze Branche bereits schief lacht, mag man als lustige Anekdote der helvetischen Pressegeschichte verstehen. Dass die Website nicht ein Jota Eigenständigkeit aufweist, ist hingegen ein ziemliches Armutszeugnis.

Die Seite der UB hat mich in den letzten Jahren fast täglich bei meinen Arbeiten begleitet. Seit einigen Tagen ist sie verschwunden. Ich habe kein Bild, keine Kopie, nichts, das mir geblieben ist (ausser die Archiv-Kopien auf archive.org). Nur die Erinnerung. Bei anderen Arbeitsinstrumenten, die mich bei meinen Recherchen und Buchprojekten in den letzten Jahren ebenfalls begleitet haben, habe ich entscheiden können, ob ich mir ein Stück Erinnerung aufbewahren möchte oder nicht: Notizbücher, Repertorien, kopierte Aufsätze – sie stehen bei mir in meinem Arbeitszimmer und manchmal helfen sie mir auf die Sprünge, wenn ich die Herleitung eines Gedankens, den ich irgendwo einmal formuliert habe, mir wieder vergegenwärtigen möchte. Die Web-Seiten derjenigen Institution, in der ich wohl die meisten Stunden verbracht habe, sind indes weg. Ein Teil der Genese meiner Arbeiten – «Paratexte» gleichsam des Schreibprozesses – ist damit verschwunden.

Die Tagung «medias in res» eröffnet

Bei stürmischem Wetter und vor nicht übermässig viel Publikum ist heute in der Aula der Universität Basel die Tagung «medias in res» eröffnet worden. Während uns die Festrednerin Prof. Avital Ronell nicht wirklich überzeugen konnte, hielt Prof. Christoph Tholen eine sehr spannende Einführung, in der er die Medienwissenschaften elegant und historisch fundiert im Feld der Kulturwissenschaften verortete und dabei insbesondere auch auf die Bedeutung digitaler Medien für die Kulturwissenschaften einging.

Tagungen online?

Die Kollegen vom Kulturwissenschaftlichen Forschungskolleg SFB/FK 615 «Medienumbrüche» in Siegen haben die Streams der Jahrestagung zum Thema «Leitmedien» ins Netz gestellt. Merci!

Wohl die meisten von uns schauen sich gerne an, wie sie in einem solchen Filmchen wirken. Man entdeckt Macken und ärgert sich über blöde Formulierungen, nimmt sich vor, das nächste Mal vielleicht zum Coiffeur zu gehen etc. Alles neue Erfahrungen (zumindest für die meisten).

Aber: Diese Transparenz bedeutet auch, dass man nicht mehr so einfach einen alten Vortrag nochmals halten kann (was ja in Ordnung ist). Und bedeutet auch, dass man vor allem in den anschliessenden Diskussionen ein wenig vorsichtig wird. Und genau das nicht macht, was man doch an Tagungen, zumal im kleinen Kreis, so gut machen kann: neue Thesen ausprobieren, ein wenig laut denken, einen Gedanken ad hoc entwickeln. Funktioniert das auch, wenn die Kamera mitläuft? Und die Filmchen unkontrollierte Wege gehen und man plötzlich mit Ideen konfrontiert wird, die man so öffentlich gar nicht äussern wollte?

Schwer zu sagen. Vermutlich haben wir noch zu wenig Erfahrung in diesem Bereich.

Siehe auch: Bassler, Harald: Diskussionen nach Vorträgen bei wissenschaftlichen Tagungen, in: Auer, Peter / Bassler, Harald (Hrsg.): Reden und Schreiben in der Wissenschaft, Frankfurt am Main 2007, S. 133-154.

Kompetenzen, Theorien, Medien (?) der Geschichte

Wenn Kollega Haber schon darauf hinweist, sollen hier auch ein paar Worte darüber verloren werden, über meine Reise nach Eichstätt im malerischen Altmühltal (die schöne landschaftliche Lage muss man sich mit schlechten Bahnverbindungen erkaufen), wo an der katholischen Universität ziemlich intensiv Geschichtsdidaktik betrieben wird, was dank eines umfassenden mehrjährigen Forschungsprojektes auch in Zukunft so sein wird.

Die Tagung konzentrierte sich primär auf die Frage, über welche Kompetenzen Lehrpersonen verfügen müssen, um bei Ihren Schüler/innen Kompetenz fördern und diagnostizieren zu können; also um „Kompetenzen zweiter Ordnung“. Und da die Geschichtsdidaktiker/innen diese Lehrpersonen ausbilden, müssen die ja auch Kompetenzen-kompetent sein. Bin ich in der Lage, bei meinen Lehramts-Studierenden festzustellen, ob sie ihre Schüler/innen in der Entwicklung ihrer Kompetenzen fördern können, muss ich folgerichtig kompetenzförderkompetenzdiagnosekompetent sein.
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