Das Internet als Raum Historischen Lernens IV

Die Nachmittags-Sektion des Donnerstags ist konkreten multimedial aufbereiteten Lernangeboten gewidmet. [Fortsetzung von diesem Eintrag].

Julia Hornig stellt mit der „Aufmerksamen Ausstellung“ im Willy Brandt-Haus in Lübeck eine andere Anwendung von ICT im Ausstellungsbereich: hier wird die Inszenierung durch ein ausgeklügeltes Haus-Management-System gesteuert und durch ein Content-Management-System für webbasierte Darstellungen ergänzt. Innovativ erscheint mir ein „Multimedia-Tisch“, in den ein Touch-Screen eingelassen ist, der Punkte auf einer Weltkarte darstellt, die nicht nur angeklickt, sondern auch anderen Besucher/innen „zugeschoben“ werden können, was interessante Formen der Interaktion ermöglichen könnte. Das würde ich gerne live sehen! Interessant ist auch die Möglichkeit, „Ergebnisse“ des Ausstellungsbesuch sich über das Internet nach Hause schicken zu lassen; auch das möchte ich gerne mal live sehen.

Uwe Seemann berichtet von einem Projekt der Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ in Berlin: Da der Platz beschränkt ist, konzentrierten sich die Ausstellungsmacher auf die Integration multimedialer Techniken: neben der möglichen Abfrage der Datenbank von Yad Vashem auch ein interaktives Portal mit wichtigen Gedenkstätten an die Opfer des Holocausts. Darin sollen nicht nur historische Darstellungen präsentiert werden, sondern auch Informationen zum gegenwärtigen Zustand der Orte zu finden sein.

Henry Bräutigam stellt die ausserordentlich anregende Website „Jugendopposition in der DDR“ vor. Die Website fokussiert auf die Zeit zwischen der Ausweisung von Wolf Biermann 1973 und der Wende von 1989. In der Diskussion wird moniert, dass hier keinerlei didaktische Ziele oder Hilfestellungen/Anregungen ergänzend angeboten werden. Vermisst werden auch Vergleiche mit anderen Situationen und Perspektiven (Herrschende, Unbeteiligte, Situation im Westen) oder auch „guided tours“.

Den Abschluss bilden Projekte aus etablierten Verlagen: Ralf Kasper vom Cornelsen Verlag stellt die Scheibe „Erlebte Geschichte Nationalsozialismus“ vor, Karl Wilschky vom Ernst Klett Schulbuchverlag „Geschichte und Geschehen multimedial 4, Das 20. Jahrhundert Teil 1, Die Jahre 1914-1949″.
Beide Projekte sind mit staatlichen Mittel gefördert und daher nicht kommerziell „gerechnet“. Kostendeckender Preis für die Cornelsen-DVD wäre 1700 Euro, die Produktionskosten bewegten sich im Millionen-Euro-Bereich, ist trotz mässiger Preise im Endverkauf nicht sehr erfolgreich im Verkauf. Ähnliches lässt sich von der DVD des Klett-Verlags sagen, die bis jetzt rund 800 mal verkauft worden ist.

Interessant sind die Bearbeitungsmöglichkeiten (Arbeitsblätter, Medienkorb mit Sammlungen eigener Quellen, Sprechblasen mit Kommentaren zu einzelnen Quellen), dennoch wäre hier wohl noch mehr möglich – oder müsste noch mehr möglich sein. Trotz der aufwendigen Machart wirkt die Lernumgebung doch sehr geführt…

2 Gedanken zu „Das Internet als Raum Historischen Lernens IV“

  1. 1) Es gibt ein paar Hilfestellungen/Anregungen zum Einsatz von jugendopposition.de im Unterricht. Siehe hierzu
    http://www.jugendopposition.de/index.php?id=1206 und http://www.jugendopposition.de/index.php?id=91 sowie
    http://www.jugendopposition.de/index.php?id=1207 .
    Dennoch sind die Monita gerechtfertigt. Wir müssen die Angebote für den Unterricht verbessern und bessere Vorschläge zur Nutzung von Jugendopposition.de machen. Z.B. indem wir Anregungen machen zur Auseinandersetzung mit Querschnittsthemen wie der Rolle von Medien und deren Verfügbarkeit/Benutzung in der DDR.
    Wichtig erscheint mir dabei, dass solche Themen in gewisser Weise „transferierbar“ sind, also ein Bezug zur heutigen Zeit herstellbar ist.

    2) Biermann wurde erst 1976 ausgebürgert 😉

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